Flores by Nicola: Liebe und Hass können so nahe beieinander liegen

Um nicht unser Leben bei einer Überfahrt mit einem der zahlreichen “absaufgefährdeten” Kutter zu riskieren, haben wir beschlossen, den Weg von Bali nach Flores mit dem Flugzeug zurückzulegen (natürlich mit einer Fluggesellschaft, welche auf der schwarzen Liste steht Smiley; lässt sich in Indonesien jedoch nicht vermeiden, da alle einheimischen Airlines auf dieser Liste sind…). Als wir früh morgens am Flughafen eingetroffen sind, kamen uns dann aber doch erste Zweifel, ob das Boot nicht doch die bessere Wahl gewesen wäre: Check-In war lediglich an einem einzigen Schalter möglich, das Gepäck wurde auf einer alten Postwaage gewogen und dann manuell zu einem Loch in der Wand getragen (kein Fliessband) und das Ticket wurde mangels Drucker von Hand geschrieben. Beim Flugzeug selbst handelte es sich dann zwar auch um eine grössere Propellermaschine, allerdings war sie augenscheinlich ziemlich neu und ausserdem fast leer, wodurch die Wahrscheinlichkeit eines Absturzes aufgrund von Übergewicht sehr gering war Smiley

Wir sind dann auch wohlbehalten in Labuan Bajo – seines Zeichens grösster Ort in Westflores, Backpacker-Ghetto und Ausgangspunkt der meisten Touren nach Komodo – gelandet und wurden von der schwülen Hitze fast erschlagen… Da das Städtchen selbst nichts zu bieten hat, haben wir innert möglichst kurzer Frist versucht, ein paar Mitreisende für einen mehrtägigen Komodoausflug zu finden. Spart Kosten und ist unterhaltsamer… Wir hatten auch gleich Glück und trafen ein deutsches Pärchen, welches dieselben Ideen und Vorstellungen bezüglich dieser Exkursion hatte.

Und nachdem wir noch einen interessanten Abend mit zwei anderen Rucksacktouristen aus der Schweiz verbracht haben, gings am nächsten Morgen dann auch schon los: unser privates Boot inklusive Captain und Koch/Matrose/Mädchen für alles empfing uns im Hafen und nach einer gut dreistündigen Fahrt erreichten wir unser erstes Ziel: die Insel Rinca. Diese ist – neben Komodo selbst – das einzige Verbreitungsgebiet der grössten Echse der Welt. Und zu sehen gab es so einige von diesen Untieren (ein Teil lungerte vor der Küche der Nationalpark-Lodge herum; die weiblichen Exemplare sah man eher beim Bewachen ihrer Nester). Uns haben insbesondere auch die Eigenschaften und Fakten zu diesen Tieren fasziniert: ein Komodowaran kann in seinen knapp 60 Lebensjahren bis zu drei Meter lang werden und mehr als 80 Kg wiegen. Trotz ihrem unbeholfen wirkenden Gang und ihrem trägen Erscheinungsbild sollte man sich aber nicht von ihnen täuschen lassen; sie erreichen beim Sprint nämlich bis zu 20 Stundenkilometer, sind – auf kürzeren Strecken – sehr gute Schwimmer UND sie fressen nur Fleisch und dies regelmässig auch von grossen Beutetieren (Wildschweine, Hirsche und sogar Wasserbüffel stehen auf dem Speiseplan)! Die Wanderungen im Nationalpark müssen deshalb auch mit einheimischen Führern gemacht werden, welche mit einem langen, an der Spitze gegabeltem Holzstock bewaffnet sind, mit welchem sie im Notfall das heranstürmende Ungetüm abwehren sollen. Wir haben jedoch ernsthafte Zweifel, ob das in der Praxis auch tatsächlich funktioniert…

Neben Rinca standen noch das Schnorcheln an drei verschiedenen Plätzen, eine Übernachtung an Deck unseres Bootes, sowie natürlich eine weitere Wanderung auf Komodo auf dem Programm. Können wir alles sehr empfehlen, wobei man jedoch erwähnen muss, dass der Ausflug auf Komodo selbst schon fast etwas enttäuschend ist, nachdem man auf Rinca war. Grund dafür ist die viel niedrigere Populationsdichte der Komodowarane. Wir haben im Laufe des zweistündigen Marsches lediglich zwei Exemplare zu Gesicht bekommen! Wenigstens gabs dafür ein paar wirklich sensationelle “Gruppenfotos” mit Waran (Zitat Guide: “Er hat erst vor vier Tagen gefressen und ist jetzt immer noch satt!”), sowie ein paar romantische Strandbilder (natürlich auch mit Waran).

Nach so viel Küste und Meer wollten wir ins bergige Inselzentrum weiterreisen. Und da die Strassen in Flores sehr schmal und von Schlaglöchern durchzogen sind, besteht die einzige Fortbewegungsmöglichkeit in Minibussen, welche in aller Regel völlig überladen sind. Da wir auf zehnstündige Fahrten mit einem Huhn auf dem Schoss und den Füssen eines Kindes im Genick verzichten können, haben wir uns zwei Plätze in einem “Luxus-Minibus” gegönnt. D.h., man hat reservierte Plätze, es werden nicht mehr Passagiere mitgenommen, als Sitze vorhanden sind, das Gepäck kommt in den Kofferraum und nicht aufs Dach (wichtig, da es in Flores jeden Abend für mindestens eine Stunde sehr stark regnet) und der Bus fährt direkt zum Zielort, ohne in jedem Kaff an der Strecke Leute abzuladen bzw. aufzugabeln. Umsteigen mussten wir dann aber irgendwie trotzdem und Pinkelpausen gab es auch keine! So waren wir froh, in Bajawa, unserem Zielort in den Bergen, angekommen zu sein. Die anfängliche Freude währte allerdings nur solange, bis wir festgestellt hatten, dass die Minibusstation ca. 6 Kilometer ausserhalb des Dorfes lag und das örtliche Transportwesen von der “Rollermafia” beherrscht wurde. Trotz unserer Bitte nach einem vierrädrigen Untersatz wollte man uns nur auf den Rücksitz von Motorrädern verfrachten (inklusive unserer zwei Trekking- und zwei Tagesrucksäcken), ganz zu schweigen von den astronomischen Preisvorstellungen. Sogar die von uns selbst herangewinkten Bemos (= Sammeltaxis) wurden von den aggressiven Motorradfahreren unter Androhungen weggejagt. Erst nach etwa fünf Minuten hatten wir Glück und wurden von ein paar halbwüchsigen mitgenommen (der Fahrer war zweifellos nicht älter als 14!). Die mafiösen Tendenzen setzten sich dann auch im Örtchen selbst nahtlos fort: es existieren hier insgesamt nur fünf einfache Hotels. Und obwohl alle Unterkünfte wegen der Nebensaison praktisch keine Gäste hatten und die Zimmer feucht und miefig waren, gab es keinen Nachlass auf die offizielle Preisliste (aus der Hochsaison!). Wo einem in anderen Ländern spätestens beim Hinausgehen 20-30% Rabatt gewährt werden, wird hier einfach geschwiegen, da alle wissen, dass es die Konkurrenz gleich handhaben wird! Wo bleibt hier eine Kartellbehörde?!

Nächster Knackpunkt sind dann die Sehenswürdigkeiten, bei welchen das Spiel von vorne beginnt: Zu sehen gibts in der Region um Bajawa vor allem die Dörfer der Ngada, dem Urvolk von Flores, welches seine Hütten in einer sehr ausgefallenen Bauweise errichtet, ein natürliches Thermalbad (ist aus dem Zusammenfliessen eines kalten und eines extrem heissen Bergflusses entstanden), sowie ein paar schöne Wanderstrecken. Auch führt seit etwa einem Jahr eine wunderbar geteerte Strasse zu all diesen Dingen (mit Ausnahme der heissen Quellen). Aber selbstverständlich wollen die einheimischen Guides einem weiss machen, dass alle Orte nur unter grossen Entbehrungen zu erreichen sind und man deswegen natürlich auf sie und einen erfahrenen Jeepchauffeur angewiesen wäre. Das eintägige Komplettpaket würde dabei aber “nur” 800’000 Rupien kosten (ca. 80 Franken)… Nun, wir haben dankend abgelehnt und – nach langer Suche und viel Überzeugungsarbeit – einen Roller gemietet, mit welchem wir das Ganze auf eigene Faust und ohne labernde Nervensäge absolvieren konnten. Kostenpunkt: 100’000 Rupien Smiley Von den unsagbar schlechten Strassenverhältnissen, den unfreundlichen Dorfbewohnern oder sogar den vergewaltigenden Räuberbanden, welche es nach Aussagen der Guides hier so geben soll, haben wir aber komischerweise nichts mitbekommen.

Am darauffolgenden Tag sind wir dann mit unserer Lieblingsbusgesellschaft ins 8 Stunden entfernte Moni weitergereist. Auch dabei handelt es sich um ein idyllisches Bergdörfchen, welches am Fusse seiner einzigen Sehenswürdigkeit liegt: dem Mt. Kelimutu (erloschener Vulkan, welcher wegen seiner drei Kraterseen bekannt ist; zwei davon wechseln ihre Farbe dauernd, einer ist konstant türkis). Und wie bereits in Bajawa darf natürlich auch hier die lokale Mafia nicht fehlen: ein Roller ist nur gegen einen viel zu hohen Preis zu bekommen; die Besitzerin der Unterkunft dreht einem das Wasser ab, sobald man bezahlt hat (da wir morgens um vier ausgecheckt haben, mussten wir am Abend vorher bezahlen); der – zu Beginn nette – Typ, welcher einem ein Flugticket besorgt, will am nächsten Tag plötzlich mehr Geld, da er angeblich einen Beamten am Flughafen bestechen musste; Benzin kostet für ausländische Gäste das Dreifache; das bestellte Taxi kommt eine halbe Stunde zu spät, weil der Fahrer am Abend vorher zu viel getrunken hat und noch im Bett liegt (der minderjährige Sohn fährt den Wagen), etc.

Schön wars aber trotzdem. Der Fussmarsch auf den Kelimutu (knapp 40 Kilometer und etwas mehr als 1500 Höhenmeter hin und zurück) war zwar extrem anstrengend aber auch vielfältig, da man durch die verschiedensten Vegetationszonen geht. Ausserdem diente er uns als Training für die Besteigung des Mt. Kinabalu in Borneo. Da wir am nächsten Morgen um 04:00 den Berg noch einmal auf die konventionelle Art – d.h. mit Motorfahrzeug – bezwungen haben, kennen wir jetzt ausserdem die verschiedenen Farbenspiele der Kraterseen bei unterschiedlicher Beleuchtung.

Um uns die knapp 20-stündige Rückfahrt per Minibus zu ersparen, haben wir uns einen Flug von Ende (heisst wirklich so) nach Labuan Bajo gegönnt. Nachdem wir – wie oben bereits erwähnt – beim Kauf des Flugticket übers Ohr gehauen worden sind und das Einchecken aufgrund eines defekten PC’s mehr als zwei Stunden in Anspruch genommen hat, sind wir dann nervlich am Ende, physisch aber gesund, auch tatsächlich in Labuan Bajo angekommen. Um den enormen Frust etwas abzubauen, haben wir uns dann am Abend beim Italiener eine exorbitant teure Platte mit ein paar Scheibchen importiertem Käse bestellt Smiley

Leider sollten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, dass der Tiefpunkt bezüglich Verarsche in Flores noch nicht erreicht war! Da unser Rückflug nach Denpasar am nächsten Tag für 15:30 angesetzt war, sind wir schön brav um 13:00 am Flughafen erschienen (falls ihr euch erinnert: es gibt hier lediglich ein Gate!). Leider war bis 14:00 am Schalter von unserer Fluggesellschaft (die heisst Merpati; das soll nur einmal gesagt sein, falls ein weiteres potentielles Opfer sich einmal überlegen sollte, mit diesem Verein zu fliegen) keine Menschenseele zu sehen, weshalb wir dann einmal am Nachbarschalter nachgefragt haben. Der Mitarbeiter dort hat uns dann ins Büro seines Chefs geschickt, wo wir das Büro von Merpati anrufen sollten. Dort bekamen wir die Auskunft, dass unser Flug kurzfristig auf den Morgen verschoben worden sei und man leider nichts machen könne. Einziges Resultat unserer nachfolgenden verbalen Ausrutscher am Telefon war dann, dass die Konkurrenzgesellschaft – welche für denselben Nachmittag den einzigen weiteren Flug nach Bali im Angebot hatte – kurzfristig den Ticketpreis saftig anhob! Da wir leider schon eine Übernachtung in Bali und eine Speedboatüberfahrt nach Gili für den nächsten Tag gebucht hatten, blieb uns keine andere Wahl!

Fazit für Flores: die Insel hat vielfältige und beeindruckende Flora und Fauna zu bieten, das vorherrschende Mass an Abzocke übersteigt aber selbst unsere Schmerzgrenze soweit, dass wir definitiv von einem Besuch dieser Insel auf eigene Faust abraten (geführte Touren sind eventuell eine bessere Alternative)!

Und die lessons learned (abgesehen davon, dass man am Flughafen nicht zu lautstark fluchen sollte, damit die Preise nicht ins unendliche steigen)?

  • Die Landbevölkerung in Flores ohne Bezug zum Tourismus ist extrem freundlich: egal ob im Falle eines heftigen Regengusses, wo einem ein Dach über dem Kopf inklusive Kaffee angeboten wird, beim Fragen nach Richtungen oder beim “Tanken” in den Bergen (das Benzin kommt aus Petflaschen, da es keine Zapfsäulen gibt): es wird einem immer sehr freundlich und ohne Hintergedanken geholfen.
  • Es ist sehr ratsam, Trekkingrucksäcke vor dem Transport in Minibussen oder Flugzeugen in eine extra Schutzhülle einzupacken. In Indonesien wird nämlich immer und überall geraucht, egal ob beim Be- oder Entladen eines Vehikels, beim Mitfahren im Kofferraum (ja, ein Passagier war im Minibus dann doch zuviel dabei…) oder beim Mitfliegen (das Personal auf inner-indonesischen Flügen nimmts mit dem Rauchverbot nicht so genau). Und welcher Ort würde sich besser eignen als ein Rucksack, wenn man seine Zigarette ausdrücken möchte?!

Bali by Nicola: Planet der Affen und Götter

Unser Ankunft auf der “Götterinsel” Bali war alles andere als göttlich, denn der Bus, welcher uns an der Endstation der Bahn auf Java abgeholt hatte und mit welchem wir auf einer Fähre nach Bali übergesetzt hatten, lud uns mitten in der Nacht eine knappe Autofahrstunde ausserhalb von Denpasar ab, obwohl auf dem Ticket ganz klar vermerkt war, dass wir ins Stadtzentrum gefahren werden. Wir mussten dann wohl oder übel für die restliche Strecke ein Taxi nehmen… Alles natürlich auf eigene Kosten und begleitet vom hämischen Grinsen der Taxi- und Busfahrer an der Station. Auf eine Antwort unseres Beschwerdemails an die indonesische Bahn (wir hatten ja dieses Bahn-/Bus-/Fähre-Kombiticket) warten wir bis heute. Und so geht ein anderes Kapitel in der indonesischen “Mafiageschichte” zu Ende…

Nach diesem nicht sonderlich positiven Einstieg in Bali, waren wir umso positiver Überrascht vom Hotel in Denpasar (“Pop! Harris”; eine Art durchgestyltes Ibis-Hotel) und dann von Ubud, unserer nächsten Reisedestination, welche etwas im Landesinneren von Bali liegt. Denn obwohl Ubud neben Kuta als DIE Touristenfalle auf Bali gilt, gibt es hier viele wunderschöne, familienbetriebene Guest Houses, tolle Wanderwege durch die wunderschöne Umbgebung, traditionelle Tanzshows und vieles mehr. Wir logierten entsprechend auch in einem fantastischen Homestay mit riesigen Zimmern im balinesischen Stil inklusive eigener Terrasse. Die Gastfamilie war sehr freundlich und das von der Besitzerin gekochte Essen war sehr geschmackvoll und eine willkommene Abwechslung zum gängigen “Touristenfood” (Bami Goreng, Nasi Goreng und wieder von vorne).

Weil die Unterkunft etwas ausserhalb von Ubud liegt, haben wir während der gesamten Aufenthaltsdauer einen Roller gemietet, mit welchem wir jedoch nicht nur in die Stadt gefahren sind, sondern auch einen Tagesausflug nach Tirta Empul und Tirta Gangga unternommen haben. Diese beiden Orte sind bekannt für ihre heiligen Quellen, zu welchen auch heute noch gläubige Hindus pilgern, um sich zu waschen (Bali ist die einzige der indonesischen Inseln, deren Hauptreligion nicht der Islam ist). Neben den Quellen selbst, kann auch der Weg dorthin bereits als Abenteuer bezeichnet werden: waghalsige Strassen durch wunderbare Flusstäler, entlang von Reisfeldern und durch Dörfer mit spektakulären Tempeln (aufgrund seiner religiösen Vielfalt verdient Bali wahrlich die Bezeichnung “Götterinsel”), gespickt mit Schlaglöchern, umhersträunenden Hunden und wahnsinnigen Verkehrsteilnehmern (mit zwei, drei oder vier Rädern), machen einen solchen Ausflug unvergesslich. Um nicht Kopf und Kragen zu riskieren, sowie der balinesischen Polizei keinen Grund zu liefern, ein kleines “Trinkgeld” zu verlangen, empfehlen wir aber das Tragen von Schutzhelmen Smiley.

Auch all jenen, welche einen Ausflug in die tolle Natur machen möchten, ohne sich in den gewöhnungsbedürftigen Verkehr Indonesiens zu stürzen, kann geholfen werden. Rund um Ubud existieren nämlich zwei, drei sehr schöne und nicht allzu anspruchsvolle Wanderpfade quer durch Reisfelder und fruchtbare Täler mit wilden Flüsschen. Einziges kleines Hindernis: das Auffinden des Startpunktes des Wegs (wegen zunehmender Überbauung oft versteckt und in Karten von gängigen Reiseführern nicht exakt eingezeichnet). Wem dies zu konventionell klingt oder wer schon lange mal wieder das innere Kind “befreien” will, der soll den örtlichen Affenwald besuchen. Der Tempel in dessen Mitte ist zwar nicht besonders sehenswert, seine Bewohner sorgen jedoch für Unmengen an Unterhaltung: die ansässigen Affenclans toben den ganzen Tag herum, plantschen im Teich oder treiben andere, nicht jugendfreie Dinge und das Beste… sie sind sich an den Menschen gewohnt. D.h. setzt man sich auf einen Stein und verhält sich ganz ruhig, wird man sicherlich bald als zusätzliches “Turngerät” in Anspruch genommen.

Und am Abend gibt es dann noch etwas balinesische Kultur “light”, d.h. speziell für Touristen gemacht…Nichts desto trotz sind die traditionellen Tanzshows sehr ästhetisch und teilweise auch atemberaubend (wenn ein Mitglied der aufführenden Truppe in Trance mit blossen Füssen durch heisse Kohle tanzt, schmerzen die eigenen Füsse schon nur vom Zuschauen).

Kommen wir abschliessend noch zu den balinesischen “lessons learned”:

  • In den hinduistischen Tempeln auf Bali herrscht – ähnlich wie im Süden Indiens- “Rockpflicht”. Und zwar auch für Männer! Da die meisten westlichen Exemplare der Gattung Mann nicht gerade mit der Verfügbarkeit eines solchen Kleidungsstücks im Gepäck glänzen, kann man(n) – natürlich gegen eine milde Spende – ein passendes Wickeltuch am Eingang zum Tempel ausleihen.
  • Das Aushandeln eines angemessenen Preises nimmt – noch mehr als in einem arabischen Land – extrem viel Zeit in Anspruch. Es wird meist nämlich erst dann eingelenkt, wenn der Handelspartner bemerkt, dass man selbst bereit ist, falls nötig den ganzen Tag zu darauf zu warten dass ein “guter” Preis erreicht wird.

Java by Nicola: Beitrag zur Beseitigung von Klischees

Wie stellt man sich ein Land vor, von welchem man keine Vorstellungen hat? Genau, man bedient sich an gängigen Klischees. Uns ging es genau so, als wir von Singapur nach Indonesien gereist sind. Von dem Land, welches aufgrund eines kurzfristigen Entscheides zum neuen Reiseschwerpunkt in Südostasien (an Stelle von Vietnam und Kambodscha) “befördert” wurde, hatten wir nur wenig Wissen, aber einige Erwartungen. Welche das waren, ob sie sich erfüllt haben oder doch nur Klischees entsprechen und welches die sich daraus ergebenden Folgen sind, seht ihr nachfolgend:

  • Indonesien besteht aus hunderten von Inseln –> wahr –> Die Fortbewegung im Land wird durch diese Tatsache teilweise massiv erschwert, da nicht alle Inseln gut erschlossen sind. Boote (sinkgefährdet), Züge (gibt es nur auf Java) und Flüge (teuer) sind nicht immer eine Alternative, weshalb man oft gezwungen ist, längere Busfahrten (10-15 Stunden) zu unternehmen, um von A nach B zu kommen.
  • Indonesien hat die viertgrösste Bevölkerung der Welt –> wahr –> Die Befürchtung, dass alle öffentlichen Transportmittel – ähnlich indischen oder chinesischen Verhältnissen – masslos überfüllt sind, ist dennoch nur teilweise berechtigt, da a) viele Einheimische den Roller zum einzigen (Familien-)Fortbewegungsmittel auserkoren haben (wird auch dazu verwendet, einen ganzen Haushalt zu zügeln) und b) gewisse Transportmittel (Zug, spezielle Sammeltaxis, bei welchen garantiert wird, dass man auch einen Sitzplatz erhält) für die meisten Indonesier zu teuer sind.
  • Das Land beherbergt (in absoluten Zahlen) die meisten Muslime der Welt –> wir haben zwar nicht selbst nachgezählt, aber das wird schon so stimmen Smiley–> Folge ist, dass bei uns eine ganze Menge an damit verbundenen Vorstellungen entstanden sind:
    • Die Frauen werden zuhause eingesperrt und man sieht nur Männer auf der Strasse –> völlig falsch: Da es in Indonesien (im Gegensatz zu China und Indien) nicht als Nachteil gilt, Töchter zu haben, ist der Frauenanteil in der Bevölkerung sehr hoch. Auch werden die Damen des Hauses nicht weggesperrt, sondern gehen sehr oft selbst arbeiten, weshalb man oft mehr Frauen als Männer antrifft. Äusserst bemerkenswert ist ausserdem die Tatsache, dass weibliche Angestellte auch nicht davor zurückschrecken, mit männlichen Gästen Augenkontakt aufzunehmen und einen fast schon anzustarren (= “weibliche Inder”?).
    • Diejenigen Frauen, welche doch nach draussen dürfen, müssen ein Kopftuch tragen oder werden sogar komplett “eingepackt” –> völlig falsch: Es tragen zwar etwa rund die Hälfte aller Frauen ein Kopftuch, dies allerdings wohl eher freiwillig und teilweise sogar nur als Mode-Accessoire.
    • Der Muezzin weckt einen früh morgens mit seinem Gebetsaufruf –> teilweise wahr: Logiert man per Zufall in der Nähe einer Moschee (in den muslimischen Städten mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit der Fall), wird man tatsächlich um ca. 05:00 vom “Gesang” (verdient bei einigen Muezzinen diese Bezeichnungen auch, bei vielen klingt es jedoch mehr nach dem Gekrächze eines Kettenrauchers) aus dem Schlaf gerissen. In denjenigen Gemeinden mit mehrheitlich anderen Glaubensrichtungen – und von denen gibt es erstaunlich viele – ist dies jedoch nicht der Fall.

Dass die meisten dieser Klischeevorstellungen eben genau nur das sind und die Menschen in Indonesien einem in aller Regel sehr offen und mit grosser Freundlichkeit begegnen, hat uns sehr positiv überrascht und zu “Fans” von diesem Land gemacht. Bereits der Zollbeamte am sehr kleinen Flughafen von Yogyakarta (eine Piste und ca. drei “Gates”, wobei es jeweils einen Schalter für den Kauf des Visums sowie einen für die Einreise selbst gibt) begrüsste uns mit einem Lächeln, warf einen Blick in unsere Pässe… und ging in die Kaffeepause (nach ca. 10 kontrollierten Pässen! Smiley). Auch der generelle Lebensstandard im Inselreich ist nicht vergleichbar mit indischen Verhältnissen, sondern erreicht schon fast chinesisches Niveau. Die Kehrseite der Medaille ist ein Preisniveau, welches deutlich über unseren Erwartungen liegt und unser Budget etwas ins Schwitzen bringt. Die “Schuld” daran tragen einerseits enorme Preiserhöhungen in den letzten zwei Jahren (Dinge, welche 2010 umgerechnet CHF 10.- gekostet haben, kosten heute CHF 20.- oder mehr!), sowie der Lonely Planet – Reiseführer, welchen wir gekauft haben und dessen Daten so kreuzfalsch sind, dass wir uns ernsthaft fragen müssen, ob die Autoren jemals in Indonesien waren.

In Yogyakarta haben wir uns einige Tage gegönnt, um uns an dieses faszinierende aber auch schwer verständliche Land zu gewöhnen, einen geführten Ausflug zu den Tempelanlagen von Borobudur und Prambanan zu unternehmen, Bahntickets zu buchen (funktioniert reibungslos, vorausgesetzt, dass man Google-Translate griffbereit hat; die Homepage ist nämlich vorwiegend in Indonesisch gehalten), zu bummeln (in Yogyakarta vorwiegend zwischen 07:00 und 14:00 möglich, da dies die regulären Arbeitszeiten sind; kein Witz!), uns mit dem Fahrrad-Rickshaw durch die Stadt fahren zu lassen und gute Donuts zu essen (verkaufen sich hier besser als in den Staaten).

Nach so vielen Städten (Mumbai, Singapur und Yogyakarta) und wenig Bewegung, war das Ziel unserer nächsten Reiseetappe ganz klar auf körperliche Betätigung ausgelegt: wir fuhren mit dem Zug (natürlich erste Klasse Smiley; wobei wir im Nachhinein feststellen mussten, dass es die Zweite genauso getan hätte…) nach Surabaya, einer Stadt an der Nordküste von Java, welche uns als Basis für einen zweitägigen Ausflug auf den – noch aktiven – Vulkan Bromo dienen sollte. Nach einer ziemlich heissen und schlaflosen Nacht in einem Hostel mit vielen Mücken (eine umgebaute Villa mit “Openair-Badezimmer” als Highlight, wobei die Zimmer selbst leider auch ziemlich “open air” sind) sind wir früh aufgestanden, um den ersten Bus in Richtung Probolinggo zu kriegen. Von diesem Örtchen sollte dann ein Minibus an den Kraterrand des Tengger fahren, wo wir die Nacht verbringen wollten. Dank “mafiöser” Umstände (siehe weiter unten für Erklärungen) wurden aus zwei Busfahrten plötzlich eine Bus-, eine Minibus- und eine Taxifahrt, welche mehr kosteten und insgesamt auch noch erheblich länger dauerten… Endlich oben angekommen, haben wir sofort die Kraterdurchquerung des Tengger (erloschener, alter Vulkan, in dessen Kraterzentrum der Bromo entstanden ist; der Kraterboden besteht aus einem Sand-Asche-Gemisch, welches für geschwärzte Füsse sorgt, auch wenn man Socken und geschlossene Schuhe trägt!) und den Aufstieg zum Bromo in Angriff genommen. Zurück in der Unterkunft sind wir dann bereits um 18:30 ins Bett gegangen, um morgens um 03:00 frisch und munter aufzustehen und pünktlich bei Sonnenaufgang beim Aussichtspunkt zu sein. Die Einzigen waren wir dort zwar nicht (die “normalen” Touristen lassen sich mit Jeeps und Motorrädern hinaufkarren, so dass sie schlussendlich nur noch 10 Minuten zu gehen brauchen, anstelle von 2 Stunden!), schön war es aber trotzdem.

Nach unserer (diesmal planmässig verlaufenden) Rückkehr nach Surabaya und einer zweitägigen Erholungsphase (dieses Mal mit Klimaanlage und viiiiel Mückenspray) sind wir per Bahn, Bus und Schiff nach Denpasar (Bali) weitergereist.

Speziell in einem so vielfältigen Land wie Indonesien gibt es praktisch täglich neue Dinge zu entdecken und zu lernen. Die interessantesten “lessons learned” möchten wir jeweils am Ende eines Kapitels vorstellen:

  • Vorausgesetzt, dass man nicht länger als 30 Tage im Land bleibt, kann man als Schweizer das Indonesienvisum direkt bei Ankunft am Flughafen kaufen (sog. “Visa on arrival”). Was in der Theorie einfach klingt, hat zumindest in der indonesischen Praxis jedoch einen Haken: bezahlt werden kann das Visa nämlich a) nur in bar und b) nur mit Dollarscheinen des Druckjahrgangs 2009 oder jünger! Glücklicherweise konnten wir den benötigten 50er gerade so zusammenkratzen…
  • Sollte man, wieso auch immer, als “harter” Individualtourist doch einmal eine geführte Tour buchen (z.B. um andere Leute kennenzulernen, Geld zu sparen oder einfach um sich zu vergegenwärtigen, dass man alleine den Ausflug doch besser hingekriegt hätte Smiley), muss man den Zukauf des optionalen Frühstücks um jeden Preis vermeiden: alte, halb verfaulte Früchte, verbranntes Toastbrot und eine schwarze Brühe, in welcher der Löffel fast stehen bleibt und welche hier Kaffee genannt wird, verdienen nicht, dass man mehr bezahlt (und wenn es auch nur ein Franken ist!).
  • Individualtouri vs. Mafia: Was brutal klingt, ist in Indonesien Alltag. Dabei geht es zwar nicht gerade ums Überleben, sehr wohl aber um den Pegelstand in der Brieftasche und das Durchsetzen der eigenen Reisepläne: damit möglichst viele Einheimische (Taxifahrer, Hotelier, Restaurantbesitzer, Reiseleiter, Reisebüro, Träger, etc.) ein Stück vom “Tourismuskuchen” abkriegen, wird der Besuch von Sehenswürdigkeiten nur als Pauschalarrangement angeboten. Man muss sich somit zwar nicht um Hotel, Transport, Verpflegung, Eintrittsgebühren, etc. kümmern, wird dann aber wie Vieh durch die Sehenswürdigkeiten getrieben und hat auch keinerlei Mitspracherecht. Will man – wie wir – alles auf eigene Faust besuchen, erfordert dies viel Zeit und noch viel mehr Geduld: der Busfahrer lädt einen dann nämlich zu früh aus, damit man noch das Taxi nehmen muss; der Taxifahrer selbst fängt beim Feilschen beim vierfachen Preis an und lässt sich nur sehr langsam drücken (meist wird der angemessene Preis erst angeboten, wenn der öffentliche Bus – den es laut Aussagen des Taxifahrers ja gar nicht gibt – um die Ecke biegt…).
  • Indonesien ist definitiv kein Reiseziel für Nachtaktive und Langschläfer: abgesehen vom “Wecker auf dem Turm” (= Minarett mit Lautsprecher) ist auch sonst nix mit ausschlafen. Die einheimische Bevölkerung steht mit der Sonne auf und geht bald nach Sonnenuntergang zu Bett. Für die Gäste bedeutet dies: man muss regelmässig morgens um 03:00 aufstehen, um pünktlich am Flughafen zu sein (die meisten Flüge starten zwischen 06:00 und 08:30!), den Bus zu erwischen (i.d.R. um 07:00) oder den Sonnenaufgang zu sehen (um 05:00). Auch gibt es Abends maximal bis um 21:00 etwas zu essen, da dann auch der letzte Indonesier zu Bett geht…

Goa, Mumbai & Singapur by Nicola: Gegensätze neu definiert

Indien ist vielfältig und interessant, aber auch ganz schön anstrengend. Was also spricht gegen ein paar Tage Erholung im “un-indischsten” Teil von Indien? Nicht viel, haben wir uns gedacht und auf den Weg nach Goa gemacht. Wie untypisch Goa in einigen Facetten aber wirklich ist, während andere Erfahrungen wiederum perfekt in unser Bild von Indien hineinpassen, haben wir uns jedoch in unseren wildesten Träumen nicht vorstellen können, als wir in den Zug von Mangalore nach Madgaon gestiegen sind…

Entgegen unseren Erwartungen, hat der erste Teil dieses nächsten Reiseabschnittes nämlich typisch indisch begonnen: Als wir die Betten in unserem Zugabteil beziehen wollten, waren diese – wie so oft – bereits besetzt, was nichts Neues wäre, wenn die betreffende Familie nicht auch noch die Unverfrorenheit gehabt hätte, uns in andere Betten umzuquartieren, da sie ja auf die mitreisende Grossmutter und das Kleinkind aufpassen müssen und diese leider nicht in der Lage wären, in die obere Bettenetagen zu klettern. Da die uns bevorstehende Fahrt “nur” 5 Stunden dauern sollte und wir uns nicht mit dem gesamten Waggon anlegen wollten (speziell indische Mütter haben die Fähigkeit, einen lautstark als “rüpelhaften, jungen und verwöhnten westlichen Bengel” darzustellen, welcher ihnen keine Annehmlichkeit gönnen will), haben wir wiederwillig eingewilligt. Wie wir bei der Ticketkontrolle hören mussten, hatte die vierköpfige Familie (Vater, Mutter, Grossmutter, Kind) darüber hinaus lediglich zwei Tickets! Besetzt haben sie aber fünf Betten! “Nur nicht aufregen, bald sind wir am Strand.”

Doch weit gefehlt! Zuerst ging es einmal ins “Dschungelcamp” nach Anjuna: das von uns gebuchte Hostel lag wunderschön inmitten eines tropischen Gartens, war dadurch schön schattig und beim Einschlafen konnte man exotischem Getier zuhören (zum Glück hatte unser Fenster ein stabiles Gitter, sonst hätten wir das teilweise wahrscheinlich nicht als so angenehm empfunden! Smiley). Dass wir hingegen einige Tage vor Saisonbeginn an diesem Ort waren und die Unterkunft noch gar nicht 100%-ig für die Touristen vorbereitet worden war, fanden wir hingegen nicht so toll… Das Personal (abgesehen vom Besitzer) war erst gerade aus Tibet eingetroffen und hatte noch keine Ahnung davon, wo was zu finden war. Ausserdem konnten die Köche noch nicht kochen (sie erhielten täglich “Kochunterricht” vom Chef), was dazu führte, dass vor Ort selbst nur Frühstück angeboten wurde. Aber sogar dieses erhielten wir nur am ersten Tag in der angepriesenen Qualität (unsere Unterkunft wurde im vorigen Jahr als das beste vegetarische Restaurant in Goa ausgezeichnet); am zweiten Tag gabs gar keins (das gesamte Personal hatte frei, da die Saison ja erst in zwei Tagen beginnen würde) und am dritten war der Kaffee verbrüht, das Idli versalzen und das Dosa hatte zuviel Chilli drin (der Besitzer war an diesem Tag nicht da und der Koch hatte anscheinend im Unterricht nicht aufgepasst…). Wir fuhren dann an einen anderen Ort zum Essen. Die amüsanteste Tatsache war jedoch, dass der “Buchhalter” bei unserere Abreise dank fehlendem Taschenrechner nicht in der Lage war, alle aufgelaufenen Kosten korrekt zu berechnen, weshalb wir einige hundert Rupien zuwenig bezahlt haben. Da wir uns jedoch den gesamten Aufenthalt über als eine Art “Testkaninchen” gefühlt haben, hatten wir deswegen kein schlechtes Gewissen Smiley. Anjuna selbst und die umliegenden Örtchen und Strände (welche sich übrigens praktisch alle dadurch hervorheben, dass sie hässlich sind und – abgesehen von einigen Badegästen und kiffenden europäischen Althippies – sich viele Drogendealer und Kühe (!!!) darauf herumtreiben) haben wir mit einem gemieteten Roller erkundet, was sich als richtige Entscheidung herausgestellt hat, da die Distanzen für Fussmärsche zu weit und öffentlicher Verkehr schlicht inexistent sind. Einziger Nachteil bei der Sache: da in Anjuna der Tagesablauf überwiegend darin besteht, sich ein schönes Plätzchen an einer Strandbar zu suchen und dann bei strahlendem Sonnenschein einige köstliche Cocktails zu schlürfen – einige davon werden aus Gründen der guten Laune übrigens ungefragt mit Opium angereichert –, fährt man unter Umständen nicht komplett nüchtern zurück in die Unterkunft.

Von Palolem – unserem nächsten Ziel in Goa – haben wir uns deswegen schon einiges mehr versprochen: dieses ehemals verschlafene Fischerdörfchen ist heute vor allem wegen seines wunderschönen Strandes und der direkt daran angrenzenden Palmhütten bekannt. Eine solche Hütte mit Meerblick wollten wir uns natürlich auch unter den Nagel reissen, um eine Woche lang schön auszuspannen. Wie ihr euch jedoch sicher denken könnt, kam es – wie immer in Indien – etwas anders: da die Touristensaison nach wie vor nicht begonnen hatte und die Strandhütten aufgrund ihrer Beschaffenheit (alles natürliche und biodegenerierbare Materialien) jedes Jahr neu gebaut werden müssen, hatten rund 3/4 aller Ressorts noch gar nicht geöffnet. Und bei denjenigen, welche bereits Besucher akzeptierten, waren die Hütten mit Meersicht natürlich bereits alle restlos ausgebucht Trauriges Smiley Und so landeten wir in einer Hütte in der zweiten Reihe, welche zwar gross, sehr gut ausgestattet und günstig (ca. 16 Franken pro Nacht für beide!) war und sogar über eine kleine Terrasse mit Hängematte verfügte, trotzdem aber halt nicht direkt am Meer lag! Der Strand selbst ist in der Tat sehr schön, das Wasser klar und warm. Restaurants mit akzeptablem Essen (abgesehen von einigen Spezialitäten in ausgewählten Lokalen jedoch lange nicht so gut, wie im Rest Indiens) und kühlen Drinks (in Goa wird vom Staat keine Alkoholsteuer erhoben, weshalb die Getränke sehr günstig sind) findet man auch zuhauf, die Party, auf welche wir nach so langer “fest-freier Zeit” jedoch gehofft hatten, blieb aber mangels Saisonbeginn komplett aus! Und so taten wir nichts weiter, als zu baden, uns zu sonnen, Engländer, Russen und “Möchtegern-Hippies” (erkennt man daran, dass sie sich zwar alle den ganzen Tag die Birne wegrauchen, alternativere Kleidung tragen und mit dem Rucksack anreisen; gleichzeitig aber für jegliche Exkursionen eine geführte Tour buchen, den Müll einfach am Strand liegen lassen, an ihren Rücksäcken ein Schildchen mit dem Kürzel des Flughafens Goa haben, noch nie in Indien Zug gefahren sind und ganz im Allgemeinen keinen Schimmer der indischen Kultur haben) zu beobachten, uns über Sandflöhe im Bett und besonders dreiste Exemplare der Gattung “Spanner-Inder” (kommen zu zweit mit professionellen Spiegelreflexkameras an den Strand: der eine muss sich dann “unauffällig” neben einer Gruppe Touristinnen im Bikini hinstellen und so tun, als würde sein Kollege ihn fotografieren; dieser zoomt jedoch mit voller Stärke nur auf die Damenwelt…) am Strand zu ärgern (wahrscheinlich ist Nicola’s Stinkefinger auf sehr vielen indischen Fotos zu sehen Smiley) und natürlich zu essen, zu essen und noch einmal zu essen. Apropos “Spanner-Inder”: bei unserer Abreise aus Goa haben wir einen Franzosen getroffen, welcher bereits seit sechs Monaten in Indien unterwegs ist. Dieser hat uns erzählt, dass eine Freundin von ihm sogar einmal im Bus neben einem Inder gesessen habe, welcher unverhofft sein bestes Stück ausgepackt und neben ihr masturbiert habe, als sie kurz einschlief! Da haben wir ja noch einmal Glück gehabt Smiley

Um uns nicht vorwerfen lassen zu müssen, dass wir indischen Städten keine Chance gäben, uns ihre angebliche Schönheit zu zeigen, haben wir die letzten zwei Tage vor unserer Ausreise noch in Mumbai verbracht. Nun, was sollen wir sagen? Die Stadt hat zwei Sehenswürdigkeiten, welche uns angesprochen haben (Gateway of India und Elephanta Island: ersteres ist ein Triumphbogen ähnlich dem Arc de Triomphe in Paris, letzteres eine der Stadt vorgelagerte Insel mit alten Shiva-Tempeln, welche direkt aus dem Stein geschlagen wurden), aus den Socken gehauen haben uns aber höchstens ein weiteres Mal die unverschämt hohen Eintrittspreise für Touristen (auf Elephanta-Island um Faktor 25 höher als für Einheimische; neuer Rekord!) und die Hässlichkeit der restlichen Stadt! Indien, du magst zwar faszinierend sein, aber deine Städte werden wir nie mögen!

Ganz interessant / unterhaltsam / ärgerlich waren ein weiteres Mal aber eher die Vorfälle rund um das geplante Geschehen: so wurde unsere Bootsfahrt nach Elephanta Island durch das unmittelbare Auftauchen eines Patrouillenbootes der indischen Küstenwache – welches uns per Drohung mit der Bordkanone zur Kursrichtung zwang – erheblich verlängert…weshalb wissen wir bis heute nicht. Die anderen “Events” fanden dann am Flughafen Mumbai statt:

  • Das Flughafengebäude ist der wohl bestbewachte Ort in der ganzen Stadt. Man darf es nur unter Vorweisen des Reisepasses und des Flugtickets betreten. Sollte man – so wie wir – nur ein E-Ticket auf dem Handy haben, muss man seinen Pass einem Flughafenangestellten übergeben, welcher dann die Tickets am Check-In-Schalter abholt, während man selbst draussen inmitten von vier schwer bewaffneten Soldaten warten muss. Ist man dann drin, muss man zuerst sein Gepäck einchecken, bevor man auch nur auf die Toilette darf! Auch das Einchecken selbst ist nicht ganz unproblematisch, da einem die Angestellten am Schalter noch ziemlich doofe Fragen stellen wie: “Was ist da drin?” (er meint die grauen Säcke, welche unsere Trekkingrucksäcke vor Schaden bewahren sollen) Antwort: “Unser Rucksack” Er: “Aha. Und was ist dort drin?” Wir: “Halt alles, was man im Alltag so braucht.” Er: “Was denn?” Wir: “Kleider, Zahnbürste, etc.” Er: “Kleider?” Wir: “Ja.” Kollege, welcher dazu eilt: “Ja, Kleider eben” Er: “Aha. Ok.”
  • Dumme Fragen muss man sich aber nicht nur beim Check-In anhören. Am Zoll gehts im gleichen Ton weiter: “Nicola?” Ich: “Ja” Er: “Nicola Burkhardt?” Ich: “Ja” Er: “Wie hat Ihnen Indien gefallen?” Ich: “Gut, war schön.” Er: “Sie arbeiten nicht?” (ich war mir nicht mehr ganz sicher, ob ich bei der Einreise angegeben hatte, Student zu sein…) Ich: “Nicht in Indien” Er: “Und sonst?” Ich: “Äääähhh…nein!” Er: “Student. So, so… Welche Studienrichtung?” Ich (völlig aus dem Konzept, weil ich nicht mit diesen Fragen gerechnet habe): “Äääähhhh… Ich weiss nicht… Vielleicht Wirtschaft?!” Er: “Ok, gute Reise” Uffff, Glück gehabt!
  • Nachdem man dann noch die Kontrolle des Handgepäcks geschafft hat, welche ebenfalls extrem streng ist (Nicola musste den gesamten Rucksack auspacken, weil die Aufladekabel seines Notebooks Metall enthalten…ach ja? wirklich?), geht es im Restaurant munter weiter: Nachdem wir fertig gegessen haben, verlangten wir die Rechnung. Nach zehn Minuten ist sie immer noch nicht da (wir waren aber fast die einzigen Gäste)! Auf Nachfrage heisst es dann, dass die Schicht gerade gewechselt habe und man nicht gewusst habe, dass wir zahlen möchten. Also warten wir noch einmal fünf Minuten. Als dann immer noch nichts geschieht, fragen wir ein weiteres Mal nach. Antwort: “Was bitte haben Sie denn gegessen und wieviel müssen sie bezahlen?” Aber hallo?!?! Sollen wir eventuell auch noch selbst abräumen und abwaschen? Vielleicht dann noch andere Gäste bedienen? Trinkgeld hat es dort definitiv keines gegeben!!
  • Der letzte Streich in Indien erfolgt dann in der Bar kurz vor Abflug, nachdem Jenny einen “Martini Rosso” (Liquor mit 15% Alkohol) bestellt hat. Kellner (kommt zurück): “Es tut mir leid, aber wir dürfen Martini Rosso nur gemischt in einem Cocktail verkaufen; nicht pur!” “Wieso?” “Pure Getränke von über 12% bedürfen dem Besitz eines Alkoholausweises!” Waaaaaaasssss?! Ist das ein Ausweis für Alkoholiker oder was? Das gibt es nur in Indien!!!

Damit wir uns vor unserer Weiterreise nach Indonesien noch etwas erholen können (und weil es in unserem RTW-Flugticket so “vorgeschrieben” ist Smiley), haben wir einen zweitägigen Aufenthalt in Singapur eingelegt. Dort wollten wir etwas nachholen, was wir bei unserem letzten Besuch vor drei Jahren aufgrund von Zeitmangel nicht “erledigen” konnten: dem weltberühmten Zoo mit seinen weissen Tigern einen Besuch abstatten (wenn wir schon keinen Tiger in Indien gesehen haben, müssen die armen Tiere halt dort hinhalten, wo sie nicht weglaufen können Smiley). Und der Zoo mit seinen teilweise begehbaren Gehegen und der grossen Tiervielfalt hat uns nicht enttäuscht! Die restliche verfügbare Zeit haben wir dazu genutzt, Rindfleisch und Fisch zu essen! Konkret: wir waren im Burger King und im Sushi-Restaurant Smiley Und es gibt sogar noch eine kleine Anekdote aus dem “perfekten” Singapur: als wir um 21:00 Abends bei dem vorreservierten Hostel ankamen, hat uns auf unser Geklingel am Einfahrtstor niemand geantwortet. Da wir dadurch verunsichert waren und vor dem Haus gleich nebenan ca. 100 Paar Schuhe standen, haben wir einfach einmal dort geklingelt. Die Dame, welche uns die Tür öffnete, erklärte uns in sehr gefasster Weise, dass das Hostel nebenan sei und wir einmal an der Türe nachsehen sollten, ob nicht eine Nachricht da sei (es schien uns, dass wir nicht die ersten “fehlgeleiteten” Gäste waren). Und tatsächlich: in einem versteckten Winkel neben der Haustür (das Gartentor war offen) fanden wir eine Notiz und den Hausschlüssel Smiley

Kochi, Ooty & Mysore by Nicola: (Fast) Alles anders im Süden

Der nächste Abschnitt unserer Indienreise begann mit dem “Tiefkühlexpress”  (=modernster und deshalb auch bestklimatisierter Zug, welchen wir in Indien bisher hatten), mit welchem wir von Varanasi via Mumbai nach Kochi (Hauptstadt der Provinz Kerala) fuhren. Die insgesamt 60-stündige Reise quer durch den indischen Subkontinent war dabei geprägt von Höhen und Tiefen: So lernten wir im Zug sieben sehr rüstige Rentner kennen, welche seit 35 Jahren einmal jährlich zusammen in den Urlaub fahren. Die vielen Anekdoten (z.B. “In Goa arbeiten die faulsten Inder weit und breit! Wenn ihr etwas von denen wollt, müsst ihr sie zuerst wecken…”; die lieben Leutchen sind selbst übrigens ursprünglich aus Goa Smiley ) und bodenlose Witze (einer der drei verheirateten Männer sagte, angesprochen auf den Grund weshalb der vierte Mann im Bunde single sei: “Seine Mutter hat ihm immer gesagt: Sohn, Kühe sind teuer aber Milch ist günstig!” Smiley ) waren sehr informativ und unterhaltsam und haben uns – zumindest mental – schon einmal darauf vorbereitet, dass der Süden Indiens mit dem Norden nicht allzu viel gemeinsam haben würde. Leider konnten wir beide trotzdem die Reise nicht voll geniessen, da es uns nach mehr als sechs Wochen doch noch erwischt hatte: seit Varanasi litten wir unter Kopfschmerzen, Unruhe, Durchfall und Fieber (im Falle von Nicola knapp 40 Grad!)! So wie es aussieht, hat auch uns die “heilige Kloake” (= Ganges) nicht unberührt gelassen…

Da kam uns unsere erste Unterkunft in Kochi gerade recht: wir hatten ein Zimmer in einem sog. “Homestay”, d.h. bei einer einheimischen Familie, welche zur Finanzierung ihrer Villa einen Teil der Räume an Touristen vermietet, gebucht. Die Gastgeber waren sehr freundliche und zuvorkommende Menschen (sie waren übrigens Christen, wie unsere Begegnungen im Zug auch; im Süden Indiens gibt es ziemlich viele davon, da die Provinzen lange unter portugiesischer Herrschaft standen) und haben uns sogar mit magenschonender Kost versorgt, obwohl sie eigentlich gar keine Mahlzeiten anbieten. In Verbindung mit dem gemütlichen und mediterranen Flair der Stadt selbst und den sehr guten Restaurants mit westlicher Küche (um dem typischen “Indian Food” für einmal zu entfliehen, haben wir einmal ein (massiv überteuertes) Rindssteak (yeeeeaaaahhh) und sogar zweimal Pasta bei einem ausgewanderten Italiener gegessen; zwar immer noch wesentlich würziger als bei uns, aber hey, wer will sich denn nach sechs Wochen schon beklagen!?!?), konnten wir uns wieder einigermassen regenerieren und sogar die örtlichen Sehenswürdigkeiten angucken. Die wären: sog. “chinesische Fischernetze”, d.h. eine spezielle Technik des Fischfangs, ein Strand mit Ölraffinerie Smiley, die Holländer, welche hier seit Jahrhunderten auf der faulen Haut herumliegen (es gibt einen Friedhof, auf welchem nur Familienmitglieder der holländischen Besatzungsmacht bestattet sind), sowie zahlreichen Diskotheken, ääääh pardon, Kirchen wollte ich sagen. Diese sind nämlich mit tausenden von farbigen Glühbirnen geschmückt, welche jede Nacht brennen – erstaunlicherweise sogar dann, wenn der Rest der Stadt gerade wieder einmal Stormausfall hat (dies liegt aber weniger an Wundern, sondern viel mehr an zwei bis drei Dieselgeneratoren, welche für den nötigen Strom sorgen).

Ganz generell tickt der Süden einfach anders: morgens um fünf wird man vom Gebetsaufruf der örtlichen Moschee aus dem Tiefschlaf gerissen; kaum ist man dann wieder eingeschlafen, beginnt der benachbarte Hindutempel mit seinem ohrenbetäubenden “Gebetssong” (jeder Tag der gleiche und definitiv ab Band); und schlussendlich sorgen dann die Gesänge aus der römisch-katholischen Kathedrale dafür, dass man definitiv aufsteht…kurz: da in Indien – und ganz speziell im Süden – zahllose Religionen seit Jahrhunderten auf engstem Raum nebeneinander bestehen, findet man wohl auf der ganzen Welt keine ähnlich tolerante und vielfältige Region. Weitere Unterschiede sind höhere Sauberkeit und mehr Wohlstand, sowie andere “Modetrends”: Frauen kombinieren typisch indische bzw. hinduistische Kleidungsstücke und Gepflogenheiten (wie bspw. Saris oder den “Bindi”, d.h. den roten Punkt auf der Stirn) mit westlichen Einflüssen. Und was machen die Männer? Sie tragen “Röcke” aus umgewickelten Tüchern… Ob sie darunter auch Unterwäsche tragen, entzieht sich leider unserem Wissen Smiley

Ein sehr empfehlenswerter Tagesausflug inklusive Übernachtung führt einen von Kochi aus nach Alleppey, einem eher unscheinbaren Örtchen, welches jedoch als Ausgangspunkt für die bekannten Hausboot-Trips in die Backwaters von Kerala dient. Für umgerechnet 100 Franken kann man sich hier ein Hausboot inklusive dreiköpfiger Crew und Vollpension mieten und sich durch diese “Wasserstrassen” chauffieren lassen. Das Ganze war sehr eindrücklich und entspannend. Und nach entsprechender Nachfrage und einem ordentlichen Trinkgeld gabs sogar Bier (der Koch musste dafür aber extra in das Dorf in der Nähe rudern Smiley). Das einzige Erlebnis der etwas spezielleren Art war die Übernachtung: wir haben am Abend der ersten Tages irgendwo am Ufer festgemacht (es war dunkel) und sind schlafen gegangen, nur um am nächsten Morgen festzustellen, dass die Anlegestelle genau vis-à-vis des Anfangs- und Endpunktes der Flussfahrt war und der Kapitän einfach nur noch wenden musste, bevor er uns von Bord führte Smiley

Nach einer weiteren Nacht in unserem geliebten Homestay liessen wir uns – wie meistens in Indien – von einem Tuk-Tuk zum Bahnhof fahren, um den Zug nach Coimbatore zu erwischen. Normalerweise wäre eine solche Fahrt ja nicht weiter erwähnenswert. Dieses Mal jedoch wurde unser “Mini-Taxi” mit uns an Bord zuerst eingeschifft und auf per Fähre auf das Festland gebracht (auf dem Hinweg nahmen wir die Brücke). Wie wir später feststellten, war dies nur ein kleiner Trick des Fahrers, um etwas mehr zu verdienen (die Überfahrt mit der Fähre ist billiger als das Benzin)… Coimbatore selbst – eine Industriestadt – war lediglich ein kurzer Zwischenstopp, um den frühen Zug (05:15) nach Metupalayam zu erwischen. Wie sich herausstellte, eine gute Entscheidung: denn abgesehen vom Mangel an Sehenswürdigkeiten ist die Hotelsuche in der Nähe des Bahnhofs ein einziges Ärgernis. Obwohl es sicherlich 20 Unterkünfte gibt und wir bereits um 18:30 dort waren, behaupteten alle, dass sie bereits ausgebucht seien (Anmerkung: es gibt dort praktisch keine Touristen und es war ein normaler Wochentag, d.h. kein Wochenende oder Feiertag!). Diese Masche zwingt einen dann in das teuerste Hotel in der Gegend zu gehen (welches dann – oh Wunder – natürlich noch freie Zimmer hat; diese kosten dann etwa drei Mal mehr; plus 20% Steuer natürlich…). Aus unserer Sicht ein abgekartetes Spiel, an welchem die anderen Unterkünfte wahrscheinlich mitverdienen…

Nachdem dann morgens um 03:30 der Wecker bereits wieder geklingelt hat, gings weiter zur Talstation der “Nilgiri-Schmalspurbahn”; konstruiert von einem Schweizer Bahningenieur und geschoben von einer Dampflokomotive aus der Heimat, Baujahr 1899. Und hier ging das “indische Kabarett” in die nächste Runde: obwohl uns jedermann gesagt hatte, dass in der Nebensaison keine Reservation für das Bähnchen nötig sei (Onlinereservation nicht möglich), stand vor uns plötzlich eine ganze Schulklasse an. Da der Zug nur über drei Waggons verfügt und viele Tickets bereits im Voraus von Reiseveranstaltern gekauft werden, kam es wie es kommen musste: der äusserst gereizte Bahnhofsvorsteher gab uns zu verstehen, dass es für diesen Tag keine Tickets mehr zu kaufen geben würde…all unsere Beschwerden, Ausreden (“We’ve travelled all the way from Switzerland, just to see “our” train”) und sogar die Hilfe eines indischen Reiseagenten, welcher uns zwei seiner Tickets verkaufen wollte (in Indien nicht legal, da Tickets auf den Namen des Reisenden ausgestellt werden) brachten nichts…der Bahnhofsvorsteher blieb stur. Da wir ausserdem nicht über einen indischen Polizeiausweis verfügen (beim Vorzeigen gibt es ganz plötzlich wieder Tickets), blieb uns nur die altmodische “Zuckerbrot-und-Peitsche”-Variante: warten, den Schaffner immer wieder darauf hinweisen, dass man auch mitreisen möchte und das Bezahlen einer “Reservationsgebühr” an ihn persönlich in Aussicht stellen…und siehe da, es hat geklappt. Zwar mussten die “offiziell gebuchten” Passagiere, auf deren Sitze wir verfrachtet wurden und welche dann dummerweise doch noch auftauchten, kurzfristig in die erste Klasse “upgegraded” werden (= der Schaffner verfrachtete sie in ein – sowieso schon überfülltes – Abteil im vordersten Wagen), aber wir sind wohlbehalten in Ooty angelangt, haben interessante Bekanntschaften mit betrunkenen jungen Indern geschlossen und dank unserer inoffiziellen Vorgehensweise sogar noch weniger bezahlt als im Falle einer Reservation Smiley.

Ooty – bei den Indern auch Udagamandalam genannt – ist eine Ortschaft in den Bergen von Tamil Nadu und liegt auf knapp 2’000 Metern. Von den Engländern früher zur Abkühlung im Sommer genutzt, hatten wir ebenfalls vor, hier der schwülen Hitze von Indien zu entfliehen. Und Ooty hat – zumindest in dieser Hinsicht – unsere Erwartung mehr als nur erfüllt: es war empfindlich kühl! Da unsere Unterkunft – eine riesige englische Villa aus Kolonialzeiten, deren indische Besitzer einen Teil der Räume vermieten und ein vegetarisches/veganisches Restaurant betreiben – ausserdem nicht über eine Heizung verfügte, war es sogar uns als Schweizer schon fast zu kalt. Unsere andere Erwartung (wandern in Teeplantagen) wurde leider nicht erfüllt. Das Tretbootfahren auf dem örtlichen See, das benachbarte Ashram, dessen Gründer vor Jahrzehnten versuchte, die grössten Religionen der Welt unter einen Hut zu bringen, der Besuch einer Teefabrik, sowie der botanische Garten, welcher diesen Namen nicht wirklich verdient, konnten nur begrenzt darüber hinwegtrösten. Das einzige Highlight war eine Filiale des weltweit grössten Pizzakuriers, dessen Angebot wir (ähnlich wie die zahlreichen Expats, welche hier leben und in den diversen Internaten arbeiten) dafür sogar zweimal nutzten Smiley.

Unsere erste Fahrt in einem indischen “Premium-Bus” (moderner Reisecar nach westlichem Standard, mit komfortablen Sitzen, jedoch “indischer Beinfreiheit”) führte uns von Ooty nach Mysore, einer grösseren Stadt im Bundesstaat Karnataka. Ursprünglich hatten wir geplant, hier den bekannten Maharaja-Palast zu besichtigen und dann in einen der umliegenden Nationalparks zu fahren, um auf Tiger-Safari zu gehen. Nun, wie so oft in Indien haben sich die Pläne geändert: der Palast war eher unspektakulär und die Nationalparks aufgrund eines Beschlusses des obersten indischen Gerichtshofs bis auf Weiteres für Touristen nicht zugänglich… Wir haben das Beste aus der Situation gemacht, uns bei gutem Essen (und Bier) im Hotel erholt, sowie das regionale Hindu-Heiligtum – ein Hügel mit einem riesigen “Kuh-Schrein” (dem Reittier einer indischen Gottheit gewidmet) auf der Spitze – besucht.

Da wir auch nach Abschluss dieses “anstrengenden” Programms noch nicht die gesamten Tage aufgebraucht hatten, welche für den Besuch des Tigerreservats geplant waren, sind wir nach Mangalore weitergereist. Aus unserer Sicht war aber auch diese Stadt nicht wirklich spektakulär und wir haben die Zeit grösstenteils mit Essen und Schlafen verbracht Smiley.

Und nun folgen die neusten Skurrilitäten aus dem unglaublichen Indien:

  • Wenn Inder ihren Geburtstag in einem Lokal (im konkreten Fall der Mc Donalds) feiern, ist jeder anwesende dazu eingeladen, ein Stück des Kuchens zu essen (haben wir nach Aufforderung auch getan). Zuvor sollte man jedoch dem Geburtstagskind ein kleines Stückchen davon in den Mund stecken (haben wir nicht getan, da wir nichts davon wussten Smiley).
  • Dass Essen in Indiens Süden ist komplett anders als dasjenige im Norden. Frischere Zutaten, nicht so scharfe Gewürze, eher leichte und mediterrane Gerichte…und das Beste: es gibt Fleisch! Und am Sonntag sogar Rind (aber nur am Sonntag) Smiley
  • Wie bereits in früheren Beiträgen erwähnt, bezahlen Ausländer für das Besichtigen von Sehenswürdigkeiten mehr, als Einheimische. Dass diese “staatlich verordnete Abzocke” aber Ausmasse erreicht, welche schon fast unverschämt sind (Ausländer bezahlen 10- bis 20-fachen Betrag), haben wir bisher in Nordindien nur im Taj Mahal erlebt. In Südindien hat das Ganze jedoch System und man bezahlt überall mindestens das 5-fache (+ Kameragebühr + ein Trinkgeld für die Verwahrung der Schuhe, wenn man die Sehenswürdigkeit nur Barfuss betreten darf + ein Trinkgeld für denjenigen, der einem den Audio-Guide aushändigt + ein Trinkgeld für den “Türsteher” am Tor, welcher einem den Weg deutet +…)!
  • À propos Abzocke: gerade im Süden sind Tuk-Tuk-Fahrer sehr kreativ, wenn es darum geht, den vereinbarten Preis am Ende der Fahrt noch ein bisschen zu erhöhen (was eigentlich ein absolutes No-Go ist): vom Gepäckzuschlag für grosse Rucksäcke, über die Weiterverrechnung von “Parkgebühren” (z.B. am Bahnhof sehr beliebt), bis hin zum Anfahren eines falschen Ortes mit der Begründung, dass sich das Hotel früher hier befunden habe, findet sich alles im Repertoire. Das ganze Mass der Benachteiligung zeigt sich erst recht, wenn man einmal in einer Stadt wie Mangalore sein sollte, in welcher die Tuk-Tuk-Fahrer gezwungen sind, das Taxometer einzuschalten… Mindestens das Dreifache bezahlt man als Ausländer immer (auch nach harten Verhandlungen und auch ohne “Spezialzuschläge”).
  • Vorausschauendes Denken ist (noch) keine indische Stärke: Egal ob bei der Reservation eines Hotels, bei welcher das Personal oft nur die Zimmerbelegung der nächsten zwei Tage kennt, beim Auftragen des bestellten Essens, wo oft zuerst der Hauptgang serviert wird, bevor die Vorspeise folgt, beim Autofahren, bei welchem mit Vollgas beschleunigt wird, obwohl man unschwer erkennen kann, dass man 50 Meter weiter vorne aufgrund eines Staus wieder voll abbremsen muss oder beim Auschecken aus dem Hotel, wo man genötigt wird, ein Kundenfeedback auszufüllen, obwohl man bereits mehrfach erwähnt hat, dass man sich beeilen müsse, um den Bus noch zu kriegen; jeglicher Sinn für Planung scheint in diesem Land noch nicht allzu weit entwickelt.
  • Was der Schneider mit dem Pöstler gemeinsam hat? Man könnte nun denken, nicht allzu viel… Weit gefehlt: der Versand eines Paketes in Indien ist ein wahres Erlebnis für sich. Zuerst begibt man sich zu einem der Schalter, an welchem keine Menschen anstehen (trifft in der Regel auf alle Schalter bis auf einen zu, obwohl die anderen sehr wohl besetzt sind). Dort wird einem dann mitgeteilt, dass man sich doch bitte hinten an die einzige Schlange im ganzen Saal anstellen sollte, da nur dieser Schalter Post entgegennehmen würde (und was bitte tun dann alle anderen?). Ist man dann endlich vorne und hat der Postbeamte endlich die Schweiz im Computer einmal gefunden, erhält man zwar mitgeteilt, wie viel das Paket in die Schweiz ca. kosten dürfte; damit ist es aber noch lange nicht getan. Denn zuerst muss das Paket fachmännisch verpackt werden: man nehme also einen Karton (nicht obligatorisch; wenn man allerdings einmal gesehen hat, wie die indische Post mit der ihr anvertrauten Ware umgeht, äusserst ratsam Smiley), gehe damit zu einem Schneider, welche das Ganze in einen weissen Baumwollstoff einnäht und die Nähte mit Wachs versiegelt (!!!), beschrifte das eingenähte Paket zweimal mit der Zieladresse (mit Filzstift), fülle drei Zollformulare aus, nähe zwei davon an das Paket und gehe zum Schalter (ja, natürlich der mit der einzigen Schlange davor) zurück. Fertig!
  • Laut, lauter, Indien: Wir haben ja bereits einige Male erwähnt, dass Verkehr und Gehupe auf den Strassen ohrenbetäubend sind. Wer nun aber denkt, dass er in einem Strassencafé oder im Hotel Ruhe findet, der irrt: in Indien scheint nämlich in allen Lebenslagen zu gelten, dass derjenige am besten abschneidet, der am lautesten ist. Die Musikanlage im Tuk-Tuk, welche den gesamten “Kofferraum” füllt, die riesigen Bassboxen im Café, die vier Grossbildfernseher im Restaurant oder derjenige im eigenen Zimmer: alles ist immer auf volle Lautstärke aufgedreht und der geäusserte Wunsch, man möge die Anlage doch etwas herunterdrehen, stösst nur auf unverständliche Blicke.
  • Zum Glück gibt es hier kein Hotel mit mehr als fünf Stöcken: Wir wären nämlich sonst Weltmeister im Treppensteigen… Aber gibt es denn keinen Lift? Doch, doch… nur möchten wir sehr ungern während mehrerer Stunden stecken bleiben, wenn wieder einmal der Strom ausfällt…
  • Wo arm auf reich trifft: Ein Thema, welches wir bisher nicht wirklich angesprochen haben, in Indien jedoch omnipräsent ist, ist der riesige Unterschied zwischen den Ärmsten und den Reichsten der Gesellschaft, welche wohl in den wenigsten Ländern dieser Welt so stark ausgeprägt sind, wie in Indien: auf der einen Seite gibt es eine (verhältnismässig kleine) Oberschicht, welche sich für jede noch so kleine Aufgabe einen Diener hält: Gärtner, Nanny, Fahrer, Koch, Putzfrau, Einkäufer, Vorkoster, Schuputzer, etc. Demgegenüber stehen hunderttausende von sehr armen Menschen, welche in den riesigen Slums der Grosstädte wohnen oder sogar komplett obdachlos sind. Und wie nicht anders zu erwarten, “verdienen” auch einige dieser Menschen ihren Lebensunterhalt mit betteln. Touristen sind dabei besonders beliebte Ziele, welche bevorzugt mit diversen Mitleid erregenden Maschen angegangen werden: man zeigt seine Geschwüre, Amputationen, Gehstöcke, nicht vorhandene Gebisse, etc., trägt ausgemergelte Kinder auf dem Arm oder schickt die älteren Kinder auf eigene Faust zum Betteln. Und wie handhaben wir das Ganze? Da man ja nicht allen etwas geben kann (wir könnten sonst morgen wieder nach Hause reisen, da uns das Geld ausgegangen wäre…), haben wir uns drei Regeln aufgestellt: auch aus unserer Sicht kleine Geldbeträge sind in Indien schon viel wert, weshalb wir nur Kleingeld (konkret: Münzen) verschenken; Kinder, welche alleine betteln kriegen nichts, da sie sonst oft mehr verdienen, als ihre Eltern und genau deswegen eben nicht zur Schule geschickt werden; geht uns das Kleingeld an einem Tag aus, gibt es nichts mehr! Diese Regeln klingen so hart, wie sie sind. Denn oft erhalten nur die ersten zwei, drei Personen etwas und der Rest geht leer aus. Andererseits versuchen wir, unser Geld in einheimischen Hotels, Läden und Restaurants auszugeben und internationale Ketten bis auf wenige Ausnahmen (wir sagen nur: Fleisch Smiley) zu meiden. Würden das alle so halten, ginge es langfristig von alleine bergauf… Und falls man unsere Methode immer noch zu hartherzig finden sollte, schildern wir euch jetzt noch ganz kurz die hinduistische Argumentation, weshalb man einem Bettler nichts gibt: durch das Ansammeln oder den Verlust von Karma, hervorgerufen durch gute oder schlechte Taten, wird man im nächsten Leben in einem besseren oder schlechteren Stand wiedergeboren. Jemand der bettelt, hat entsprechend dieser Logik in seinem früheren Leben eben zu viel schlechtes Karma angehäuft und verdient sein Schicksal, weshalb man ihm auch nichts geben sollte! Und, findet ihr unsere Argumentation immer noch hart? Smiley

Jaipur, Agra & Varanasi by Nicola: Grab-Städtereise

Nun sind wir also endlich wieder “on the road” und wir freuen uns, das vielfältige Indien entdecken zu können. Da wir uns aufgrund unseres Hilfsprojektes ja bereits im Bundesstaat Rajasthan befinden, liegt es nahe, unsere Indienreise in dessen Hauptstadt Jaipur zu beginnen. Nachdem wir an unserem ersten Tag in Jaipur ein etwas anderes “Sightseeing-Programm” – bestehend aus einem Festmahl im Mc Donalds (jaaa, endlich wieder Fleisch!!! Ohhh nein, es gibt nur Chicken!!! Smiley ) und ausgiebigem Shopping, bei welchem nun auch Nicola “indisch” eingekleidet wurde – absolvierten, sah unser Plan eigentlich vor, dass wir das Amber Fort (grosse Festungsanlage inklusive Palast auf einem Hügel vor der Stadt) und den Palast der Winde (so genannt, weil seine Front aus 365 Fenstern besteht, welche einerseits das Gebäude kühl halten und andererseits den feinen Damen der Stadt früher dazu dienten, das Geschehen auf der Strasse zu beobachten, ohne dabei selbst gesehen zu werden) besichtigen. Doch wie so oft in Indien kam es anders als wir dachten….

Als wir nämlich – natürlich hart verhandelnd – die Reihen der Tuk-Tuk-Fahrer am Bahnhof abschritten und dabei wohl gar zu dreiste Preisvorstellungen hatten, wurden wir von einem Herrn “aufgegabelt”, welcher einerseits sofort unseren “Dumping-Bedingungen” zustimmte und uns andererseits zu seinem äusserst charmanten Oldtimer (Fabrikat “Hindustan-Motors”, Baujahr 1965) führte. Wie wir uns bereits zu Beginn gedacht hatten, hatte die Sache jedoch einen Haken: er würde uns entweder, wie versprochen, für den äusserst niedrigen Preis zum Palast der Winde fahren und uns in Ruhe lassen oder aber wir könnten uns von ihm einen halben Tag lang zu all den Sehenswürdigkeiten fahren lassen, wo er dann wieder auf uns warten würde. Und das Ganze lediglich für umgerechnet 10 Franken! Allerdings, so informierte er uns, müsste er uns am Ende der Tour noch zu einem Juwelier und in einer Schneiderei bringen…Ob wir dort etwas kaufen oder nicht, sei jedoch uns überlassen. Da wir uns in Sachen Verhandlung für harte Hunde hielten (inzwischen sind wir teilweise eines besseren belehrt worden Smiley), stimmten wir dem Angebot zu. Und der Tag mit Alibaba (so hiess unser Fahrer) hat sich wirklich gelohnt: wir sahen nicht nur das Fort und den Palast der Winde, sondern auch eine wunderschöne, marmorne Grabstätte (Royal Raigor) und den versunkenen Palast (welcher eigentlich gar nicht versunken ist, sondern von einem Maharadja mit Absicht in einen See hineingebaut wurde, sodass ein Stockwerk unter dem Wasserspiegel liegt, das andere darüber. Da Wasser ja bekanntlich ein sehr guter natürlicher Wärme- und Kältespeicher ist, schlief die Herrscherfamilie im unteren Stock, wo es im Sommer angenehm kühl und im Winter etwas wärmer war und lebte im oberen, licht- und winddurchfluteten Bereich). Darüber hinaus führte er uns für das Mittagessen in ein exzellentes und relativ preiswertes Lokal in Jaipur (obwohl es sich wohl hauptsächlich an die indische Oberklasse richtet, kostete das komplette Menü umgerechnet nur gut 2 Franken).

Zum Schluss kamen dann – wie bereits angedroht – noch zwei Shops: Der erste – ein Juwelier – war für uns als Kenner arabischer Basars, keine Herausforderung, d.h. wir haben nichts gekauft (die Händler machten es uns auch verhältnismässig einfach, da sie für durchschnittliche Silberware völlig überrissene Preise verlangten, welche so wohl auch niemand in der Schweiz bezahlen würde…). Die Schneiderei, welche dann als nächstes folgte, war da schon ein härterer Brocken und wir haben einige “Kleinigkeiten” gekauft: ein komplettes Set an Bettwäsche (natürlich in hellblau Smiley), Geschenke für unsere Eltern (was genau, sei an dieser Stelle noch nicht verraten), 2 massgeschneiderte Hemden (Nicola) und einen weiteren – extrem aufwändigen – Punjab für Jenny (traditionelles indisches Gewand, bestehend aus Oberteil, langer Hose und Schal; wurde aus einem 6 Meter langen Sari genäht). Klar haben wir für all dies (und das DHL-Porto für den Versand in die Schweiz) einiges bezahlt (zumindest für indische Verhältnisse), aber die Schneider waren sehr nett, die Stoffe von bester Qualität und Bier gab es auch (indisches “Strong Beer” hat übrigens 8%). Wir würden also allen, welche sich einen Anzug bzw. ein Kleid anfertigen lassen möchten, anraten, dies in Zukunft in Indien zu tun und nicht in Südostasien (die Schneider dort sind nämlich auch alles Inder, sind aber teurer als in ihrem Heimatland selbst).

Nach diesem Shopping-Exzess wurden wir von Alibaba zurück zu unserer Unterkunft gefahren. Er liess es sich darüber hinaus nicht nehmen, uns am nächsten Tag wieder abzuholen und zum Bahnhof zu fahren, sowie uns ausgiebig vor unserem nächsten Ziel (Agra) und dessen “Abzocker” zu warnen: die Stadt selbst sei die schmutzigste und hässlichste in Indien und die Touri-Fänger hätten dort eine ganz fiese Methode entwickelt, mit welcher sie die Leute übers Ohr hauen würden. Sie würden die ahnungslosen Opfer in ein günstiges Hotel fahren (bei welchem sie natürlich den Besitzer kennen), wo ihnen dann verdorbene bzw. vergiftete Lebensmittel vorgesetzt würden. Wenn sie dann krank geworden sind, wird ein (verwandter oder befreundeter) Arzt gerufen, welcher zahlreiche und völlig überteuerte Medikamente verschreibt, um die Krankenkasse des Gastes auszunehmen.

Und wie war Agra wirklich? Die “Touri-Fänger” gibt es natürlich wirklich, allerdings haben wir sie lediglich in ihrer “normalen” Form angetroffen; sprich mühsame Tuk-Tuk-Fahrer, welche einen vom Bahnsteig bis zum Parkplatz verfolgen und völlig überhöhte Fahrpreise verlangen oder einen in das Hotel “eines guten Freundes” fahren möchten. Darüber hinaus waren einige von ihnen betrunken. Auch die “Händler mit arabischen Wurzeln” gibt es rund um das Taj Mahal. Allerdings kann allerhöchstens ein Teil ihrer Grosseltern aus dem arabischen Raum stammen, da sie lange nicht so aufdringlich sind, wie bspw. ihre marokkanischen Kollegen Smiley. Aber nun zu den guten Neuigkeiten: Agra ist lange nicht so schmutzig, wie befürchtet, unser Hostel war einfach der Hammer (modern, günstig, Zimmer mit Klimaanlage, sauber, exzellentes Essen und das Beste…nur 500 Meter vom Osteingang des Taj Mahal gelegen!) und überlebt haben wir es auch (liebe Krankenkassen, ihr könntet uns eigentlich einen Prämienrabatt gewähren, so aktiv wie wir versuchen, euch Kosten zu ersparen Smiley). Und eines sei hier noch speziell hervorgehoben: Das grosse marmorne Grab (= Taj Mahal) ist gewaltig, beeindruckend und jede Rupie Eintrittspreis wert (und dieser beträgt für Touristen völlig überrissene 750 Rupien, wohingegen die Einheimischen lediglich 20 bezahlen!). Da wir bereits morgens um 05:40 vor dem Eingangstor standen und sich der Torwächter dazu berufen fühlte, uns (natürlich gegen ein grosszügiges Trinkgeld) über das Gelände zu führen und die besten Fotopunkte zu zeigen, waren wir ausserdem die Ersten (!!!) vor diesem Weltwunder und konnten einige Bilder schiessen, auf welchen keine Touristen zu sehen sind! Da wir darüber hinaus leider keine Tickets für den gewünschten Zug nach Varanasi erhielten (siehe auch weiter unten), hatten wir noch einen Tag Zeit, die sehenswerten Dinge rund um das Taj zu bewundern, wie etwa den “Taj Nature Trail” (gigantische Parkanlage mit Teichen und zahlreichen Pfauen; ohne jegliche Touristen) oder das (stinkende) Flussufer östlich neben dem Taj Mahal, von welchem man den Sonnenuntergang geniessen kann. Die übrige Zeit haben wir genutzt, um uns (ganz ohne Lebensmittelvergiftung) einige Kilo aufzufuttern und ein, zwei Kingfisher zu trinken Smiley

Weil wir seit unserem Start in Jaipur sowieso in erster Linie Grabstätten besichtigt haben, dachten wir uns, dass wir unsere Reise durch Nordindien mit einem Besuch von Varanasi, der heiligsten Stadt Indiens wenn es ums Sterben geht, abschliessen könnten. Und so haben wir unseren ersten Nachtzug bestiegen uns sind 13 Stunden gen Südosten gefahren. Und auch dieser Nachtzug hat uns ein weiteres Mal von der Qualität der indischen Bahn überzeugt (vorausgesetzt, dass man zuerst einmal ein Ticket dafür erhält…). Seit wir angekommen sind, wissen wir jetzt auch, weshalb es im Englischen den Begriff “Holy Shit” gibt. Dieser umschreibt Varanasi aus unserer Sicht nämlich ziemlich exakt: alles hier ist irgendwie heilig (die Kühe, die Ziegen, die Pfauen, die Pferde, der Fluss, die Toten, etc.), gleichzeitig aber auch heruntergekommen, schmutzig und stinkend (der Müll wird einfach an den Strassenrand geworfen und anschliessend von den Tieren gefressen; Menschen verrichten ihr Geschäft direkt am Flussufer, waschen gleichzeitig ihre Kleider und sich selber aber nur einige Meter davon entfernt im Fluss; die gesalbten Toten werden am Flussufer verbrannt und ihre Asche anschliessend im Strom versenkt; das filtrierte Flusswasser, welches aus dem Wasserhahn fliesst, ist so verschmutzt, dass es Hautrötungen und Jucken verursachen kann, etc.). Trotz diesen Umständen und der Tatsache, dass das Gehen auf den Strassen Varanasis einem Spiessroutenlauf mit geringer Überlebenswahrscheinlichkeit gleichkommt, übt die Stadt eine gewisse Faszination aus: wo sonst auf der Welt werden 24 Stunden am Tag Menschen öffentlich kremiert? Wo sonst kann man jeden Abend eine Gottes-Verehrungszeremonie (sog. “Punjar”) aus nächster Nähe beobachten? Wo sonst reisen Gläubige aus der ganzen Welt hin, um ein Bad in einer Kloake zu nehmen?

Damit man diese Dinge in Ruhe und ohne die meisten der oben genannten Nachteile sehen kann, empfehlen wir je eine Bootfahrt bei Sonnenaufgang (Beobachten der Gläubigen beim Morgenbad und –wäsche, sowie herrliche Stimmung) und Sonnenuntergang (Verfolgen der Zeremonie) zu buchen. Dies erspart einem eventuell auch Begegnungen der unangenehmen Art, wie wir sie erlebten, als wir zu Fuss das Ghat (= Zugang zum heiligen Fluss; meist treppenförmig) erkunden wollten, an welchem die Toten verbrannt werden: wir wurden gleich am Eingang von einem aggressiven (vermutlich unter Drogen stehendem) Mann unfreundlich darauf hingewiesen, dass man den Toten gegenüber Respekt zeigen und auf Fotos verzichten solle (wussten wir bereits und hatten auch nicht vor, Fotos zu schiessen). Er wollte ausserdem, dass wir ihm zu einem “Aussichtspunkt” folgen. Da wir aber bereits genügend solcher “Möchtegern-Guides” gesehen haben und sie sowieso immer nur auf unser Geld scharf sind, haben wir dankend abgelehnt und einen anderen Weg eingeschlagen. Dies schien ihm jedoch überhaupt nicht zu passen. Er stürmte uns hinterher und riss Jenny sogar grob am Arm zurück, worauf wir beschlossen, den Ort wieder zu verlassen! Sollte er doch im Fluss baden gehen Smiley

Kommen wir nun aber wieder zu denjenigen Dingen, welche uns immer wieder auffallen und noch lange in (positiver oder negativer) Erinnerung bleiben werden:

  • Die Sache mit den Zugtickets: Liebe SBB, wir versprechen dir, dass wenn wir wieder heil in die Schweiz zurückgekehrt sind, wir uns nie mehr über Verspätungen, Fahrleitungsstörungen oder unfreundliche deutsche Schaffner beschweren werden (gut, bezüglich Letzterem kann dir zumindest Nicola kein 100%-iges Versprechen geben Smiley)! Indische Züge sind zwar komfortabel und sehr günstig, in der Regel aber verspätet und vor allem nur über ein extrem komplexes Buchungssystem mit gefühlten 9’735 Sonderregelungen buchbar! Abgesehen von den “normalen” Tickets, welche in der Regel schon 90 Tage vor Abfahrt (also am Tag des Verkaufsstarts) restlos ausverkauft sind, gibt es noch “Waitlist-Tickets” (man kommt auf eine Warteliste und wenn man Glück hat, storniert jemand anderes sein Ticket und man rückt vor; ist dies nicht der Fall, verfällt das Ticket automatisch), “Reservation Against Cancellation – Tickets” (ähnlich wie Warteliste, allerdings mit dem Unterschied, dass man (in einer unteren Klasse) fahren muss, wenn niemand einen Platz in der gewünschten Klasse freigibt), “Tatkal – Tickets” (ein prozentualer Anteil der Tickets, welche erst 24 Stunden vor Abfahrt in den Verkauf gegeben werden, dafür aber teurer sind), “Tourist Quota” (gewisse Züge haben Plätze nur für ausländische Touristen), “VIP Quota” (dasselbe, einfach nur für wichtige Politiker, etc.) und “Special Quota” (keine Ahnung, für was die sein soll). Alles klar? Fazit: Wenn man sich erst einmal an das System gewöhnt hat, kommt man zwar schon immer irgendwie an ein Ticket (unter anderem vielleicht auch mit Aussagen wie “ich muss gaaaaaaanz dringend noch heute nach Varanasi, um mich von meinen schrecklichen Sünden zu reinigen” Smiley), dies allerdings nur, wenn man improvisieren kann und in den eigenen Reiseplänen einigermassen flexibel ist.
  • “All the meals are cooked using mineral water”: In welcher Stadt denkt ihr, dass diese Aussage auf die Speisekarte gedruckt wurde? Richtig!!! In Varanasi! Und da sage noch einer, dass dieser Fluss und die Stadt sauber sein soll (kein Inder würde sich getrauen, etwas anderes zu sagen)…
  • “Hoffentlich hat weiter hinten keiner das Fenster geöffnet…”: Dies waren unsere Gedanken, als unser indischer Nachbar im Zugabteil uns zeigte, wo und wie man den Abfall vom Abendessen entsorgt (zu unserer Verteidigung sei gesagt, dass es im ganzen Zug keinen Abfallkübel gibt!): man gehe zur Tür des Waggons, öffne diese in voller Fahrt, lehne sich heraus ohne dabei ganz herauszufallen und werfe den Müll auf die Schienen. Aha…

Hilfsprojekt in Bhorugram by Nicola: Wenn Helfern nicht geholfen wird (=”Managed Care”?)

Aufgrund des längeren Ausbleibens eines Berichtes könnt ihr euch wahrscheinlich denken, dass wir trotz unserer Probleme, welche wir zu Beginn in Bhorugram hatten, unser Hilfsprojekt umsetzen konnten. Dies stimmt zwar, wer aber nun denkt, dass das Ganze friedlich abgelaufen sei oder dass wir solange in der ländlichen Gegend von Rajasthan geblieben sind, wie ursprünglich geplant, der täuscht sich gewaltig. Beginnen wir aber ganz von vorne, d.h. mit der Beschreibung unseres Projekts.

Wir hatten ja bereits im letzten Bericht erwähnt, dass wir uns wegen des nicht vorhandenen Spitals dem lokalen Arzt bei seiner Feldvisite in den umgebenden Dörfern angeschlossen haben. Dort konnten wir beobachten, dass zahlreiche ältere Personen an Atembeschwerden und/oder Knieproblemen leiden. Da auch die vom Arzt geführte Statistik diesen Verdacht erhärtete (knapp 15% aller Patienten kommen wegen einer der beiden Problematiken zur Sprechstunde; dies entspricht rund 1’500 Personen pro Jahr) und beide Leiden mit einfachen und kostensparenden physiotherapeutischen Übungen behandelt werden können, haben wir beschlossen, ein passendes Konzept inklusive benötigter Hilfsmaterialien (Poster und Anleitungen; siehe weiter unten für Details) zu erstellen und das Team der “Medical Mobile Unit” – kurz MMU – in der Instruktion der Übungen zu schulen, so dass sie den Patienten in Zukunft eigenständig helfen können. Jenny übernahm dabei in erster Linie den medizinischen Teil, Nicola die Projektkoordination (entsprechend unseren beruflichen Qualifikationen).

Da in Indien – und speziell in der ländlichen Gegend von Rajasthan – viele Menschen unter der Armutsgrenze leben (nach statistischen Angaben im ganzen Land mehr als 400 Millionen) ist Analphabetismus ein weitverbreitetes Problem. Zur Aufklärung und Information der Dorfbewohner werden deshalb sehr oft grosse Poster verwendet, mit welchen Zusammenhänge bildlich und einfach dargestellt werden. Auch wir haben uns diese Idee zu Nutze gemacht und für jedes der beiden Leiden ein Poster entworfen, welches bildlich darstellt, woher die Erkrankung kommt (vor allem Rauchen im Falle von Atembeschwerden bzw. die Sitzhaltung im Falle von Knieproblemen), welche Übung man dagegen machen sollte (Schritt für Schritt erklärt) und in welcher Frequenz, was diese genau bewirkt, welche Präventionsmassnahmen existieren (weniger rauchen, auf Stühlen statt am Boden sitzen, etc.) und welches langfristig die Vorteile sind, wenn man die Übung macht.

Da man ja nicht jedem der jährlich 1’500 Patienten ein (für indische Verhältnisse) teures Plakat nach Hause mitgeben kann und die Sprechstunde der MMU nur alle zwei Monate im gleichen Dorf stattfindet, haben wir darüber hinaus eine kleine Broschüre designt, welche den Dorfbewohnern mitgegeben wird, damit sie nicht alles Gehörte wieder vergessen. Darüber hinaus wurden für beide Übungen einfache und günstige Hilfsmittel ausgeteilt, welche die Übungseffizienz verbessern und die Patienten zusätzlich zum täglichen Training motivieren sollen (ein kurzer Strohhalm für die Atemübung; einfacher Plastiksack für Knieübung). Diejenigen, welche noch mehr Details zum Hilfsprojekt selbst erfahren möchten, können sich hier unseren Abschlussbericht als PDF herunterladen (ist aber nur in Englisch verfasst!).

Die Zeit und das Projekt in Bhorugram waren für uns in vieler Hinsicht sehr bereichernd und wir haben viele Erfahrungen – im Positiven wie im Negativen – machen dürfen. So wurde Jenny beispielsweise von der Frau des Spital-Hauswarts zur vollwertigen Inderin “umgewandelt”, inklusive Kleidung (Sari), Schmuck, Schminke und sogar “Inder-Punkt” Smiley Auch die Schüler und Studenten der Schule in Bhorugram, in deren Kantine wir öfters gegessen haben, waren immer sehr freundlich und neugierig. Teilweise wurden wir auch spontan mit Süssigkeiten beschenkt, wobei dies jeweils nicht immer ganz uneigennützig war: ein Foto mit uns “musste” dafür schon drinliegen Smiley Ein Erlebnis, welches uns ebenfalls noch lange in Erinnerung bleiben wird, war die Einladung zum Abendessen beim Arzt des MMU: wir wurden bedient wie die Könige…unsere Gastgeber selbst haben während der ganzen Zeit jedoch keinen Bissen gegessen! Ausserdem legten sie grossen Wert darauf, dass wir Photos mit ihnen und uns schossen, bei welchen wir ihnen das Gastgeschenk überreichen… Dieses hatten wir ca. eine halbe Stunde vor der Einladung bei einem der Händler im Dorf gekauft. Da wir ursprünglich nicht wussten, “was man in Indien so mitbringt”, haben wir uns von ihm beraten lassen. Es kennt hier sowieso jeder jeden Smiley Abgesehen von dem Geschenk (ein Set Teetassen) hat der Händler uns auch beim täglichen Einkauf stark unterstütz, indem er Dinge, die nicht an Lager waren, einfach aus der nächst grösseren Stadt (35 Km entfernt) für uns besorgt hat. Das nennen wir Service… Unterstützung und Rat erhielten wir auch nicht zuletzt von den anderen Mitarbeitern der Organisation, wobei uns vor allem eine Szene in Erinnerung bleibt, bei welcher fünf (männliche) Mitarbeiter Jenny beim Kauf von traditioneller Kleidung (Punjab; Oberteil und Hose; wurde gekauft, um “indischer” zu wirken, d.h. den hier geltenden Anforderungen an die Sittlichkeit, welche kurze Ärmel und Hosenbeine für Frauen verbietet, zu entsprechen und weniger oft als leichtes “Touri-Opfer” erkannt zu werden) beraten und sorgfältig darauf achten, dass sie nicht vom Händler übers Ohr gehauen wird Smiley

Aber wie bereits im Titel angedeutet, gab es auch viele Dinge, welche uns Kopfzerbrechen bereitet und schlussendlich sogar zu unserer verfrühten Abreise geführt haben. Da wären zum einen sicherlich die “natürlichen” Gegebenheiten eines Hilfsprojektes im ländlichen Rajasthan: Extreme Hitze und Feuchtigkeit (bis zu 40 Grad, verbunden mit ca. 5 Minuten Regen pro Tag), daraus folgend paradiesische Verhältnisse für Mücken (welche hier teilweise auch Malaria übertragen) und zahlreiches anderes “Getier” (jeden Abend haben uns dieselben zwei Kakerlaken besucht), regelmässige Stromausfälle (in ganz Indien ein grosses Problem) welche – wenn man Glück hatte – (auch nachts) mit extrem lauten Dieselgeneratoren (natürlich direkt neben unserem Fenster) überbrückt wurden, extrem scharfes Essen (man schwitzt ja nicht sowieso schon genug…), welches darüber hinaus rein vegan war (als Ergänzung und um zu vermeiden, dass wir noch mehr Gewicht verlieren, haben wir tonnenweise Chips gegessen und Milch aus Milchpulver getrunken) und uns seltsame Träume bescherte, in welchen wir ausgehungert den nächsten MC Donalds überfallen und alles (Hühnchen-)Fleisch klauen (Rinder darf man hier leider ja nicht verspeisen) Smiley, der benachbarte Hindutempel, welcher jeden Morgen um ca. 4 Uhr die Gläubigen mit lauter Musik zum Gebet rief, das Fehlen einer Waschmaschine bzw. von Wäschereien (hatte zur Konsequenz, dass wir die Kleider mit extrem aggressiver Laugenseife selbst rubbeln und waschen mussten, was uns zeitweise an den Fingern die Haut von 80-jährigen verschafft hat) und die Tatsache, dass es hier nicht einmal ein Bierchen zu kaufen gibt (wirklich schrecklich hier Smiley).

Diese Umstände sind nicht gerade prickelnd. Da wir aber natürlich damit rechnen mussten (wir sind ja hier nicht im Luxusurlaub), wären sie nicht weiter schlimm gewesen, wenn da nicht auch noch die wirklich ärgerlichen (projektbezogenen) Probleme gewesen wären! Obwohl sich die Situation aufgrund unseres ersten Mails zwar kurzfristig verbessert hatte und wir zumindest die geforderten Materialien für unser Projekt einigermassen zeitgerecht (d.h. innerhalb von 48 Stunden statt einer Woche) erhielten, hatten wir nie das Gefühl, dass das lokale Management unser Projekt guthiess oder auch nur annähernd verstand! Dies liegt wohl auch daran, dass der “Manager” selbst kein Englisch spricht und der uns zugeteilte Assistent, welcher auch für die Übersetzungen zuständig war, dauernd durch Abwesenheit glänzte und sein Mails und Telefonanrufe nicht beantwortete. Der hauptsächliche Grund ist unsere Meinung nach jedoch die Überheblichkeit und Arroganz dieser Person und teilweise der ganzen Organisation, welche sich zwar mit zahlreichen indischen “Awards” und den Berichten von ausländischen Studenten brüsten, aus unserer Sicht aber jedoch nur sehr begrenztes bzw. gar kein Interesse an Projekten haben, welche von “Praktikanten” in Eigeninitiative durchgeführt werden. Die Situation verschlechterte sich soweit, dass wir in der letzten Woche in Bhorugram weitgehend vom Manager ignoriert wurden, er uns aus unserem Zimmer werfen wollte und sogar versucht wurde, bei uns einzubrechen! Obwohl die Bewohner Rajasthans zwar dringend Hilfe benötigen, hat diese Organisation sie nur sehr begrenzt verdient. Wer mehr Wert auf hierarchische Strukturen und Allmacht des Managements statt auf Diskurs und konstruktive Lösungen setzt, sollte nicht damit werben, ausländische Studenten und Fachkräfte als Praktikanten aufzunehmen!

Als Konsequenz haben wir – wie bereits zu Beginn gedroht – Bhorugram verlassen. Damit die letzten Schritte zur Umsetzung des Projektes trotzdem gelingen und unsere Arbeit wenigstens nicht umsonst war, haben wir den MMU-Arzt, welcher unsere Idee immer unterstützt hat, vor unserer Abreise über das weitere Vorgehen instruiert.

Nach einer fünfstündigen Jeepfahrt (kostet hier inklusive Fahrer umgerechnet 60 Franken Smiley ) sind wir wieder in Jaipur angekommen. Hier möchten wir nun noch die Sehenswürdigkeiten anschauen, bevor wir dann nach Agra weiterreisen.

Da Indien – wie im Werbeslogan erwähnt – einfach unglaublich ist und es auch in diesem Land zahlreiches Skurriles und Unglaubliches zu entdecken gibt, wollen wir auch hier auf die Dinge kurz eingehen, welche uns immer wieder erstaunen:

  • Vom Regen in die Traufe: Zumindest was Schmatzen und Rülpsen anbelangt, stehen die (ländlichen) Inder den Chinesen in nichts nach. Und dies obwohl hier keine Nudeln und Suppen gegessen werden!
  • Wenn man etwas von einem Inder möchte (z.B. Abfallsäcke zur Entsorgung von Petflaschen), dann erhält man es frühestens in zwei Tagen oder gar nie. Wenn umgekehrt die Person aber etwas von einem selbst will, muss dies immer sofort erfolgen und man wird nie vorgewarnt (als wir um einen Transport in die benachbarte Stadt baten, damit wir die Poster drucken lassen könne, wurden wir immer wieder vertröstet. Als dann aber die Möglichkeit da war, wurden wir am Sonntag morgen geweckt und es hat nicht einmal für einen Kaffee gereicht!)
  • Wenn Inder miteinander essen gehen, bleiben sie nur solange am Tisch sitzen, bis sie fertig gegessen haben. Es wird nicht gewartet, bis alle fertig sind geschweige denn noch sitzen geblieben, um etwas zu tratschen…
  • Die indische “ja-nein-könnte sein – Kopfbewegung”: Egal ob man etwas bespricht oder eine Frage stellt, die generelle Reaktion ist ein seitlicher Schlenker mit dem Kopf, den man nicht wirklich deuten kann (ist wahrscheinlich auch das Ziel). Dies kann zu allgemeiner Verwirrung und Missverständnissen führen und ist langfristig äusserst mühsam (“Unser Projekt, bla bla bla” – Schlenker – “Was meinst du?” – Schlenker und nichtssagende Antwort – “Kostet es also 100 Rupien pro Stück?” – Schlenker).
  • Die Beantwortung der Standardfragen des Smalltalks mit neuen Bekanntschaften (“Woher kommt ihr?”, “Was seid ihr von Beruf?”, “Seid ihr verheiratet?” und “Wie viele Kinder habt ihr?”) führt oft dazu, dass die fragende Person ein etwas falsches Bild von uns hat, was nur teilweise beabsichtigt ist. Aus ihrer Sicht sind wir a) Schweizer (=reich), b) Doktor und Spitaldirektor (“Physiotherapeutin” und “Projektleiter im Spital” sind nicht gerade bekannte Begriffe hier), c) verheiratet (ist beabsichtigte Antwort, da dadurch vieles vereinfacht wird) und d) unfruchtbar (wer ist denn schon 27 und hat keine Kinder?)
  • Unser “Fankult”: Egal wo wir auftauchen, wir sind schnell von einer Horde Einheimischer umgeben, welche uns ausgiebig betrachtet (fast schon beglotzt), mit uns spricht (vorausgesetzt, dass genügend Englischkenntnisse vorhanden sind) und mit uns fotografiert werden möchte (wenn einer anfängt, wollen alle ein Bild Smiley). Ein freundlicher junger Mann hat uns darüber aufgeklärt, dass der Grund dieses – bei Begegnungen mit Weissen durchaus übliche – Verhaltens darin liegt, dass jeder gerne mit uns sprechen würde und alle enorm stolz darauf sind, dass wir (als reiche Westler, welche ja alles haben) ihr Land besuchen.
  • Wenn Mitgift, Religion und Status stimmen, sind Gefühle egal: In Indien wird – trotz verbot – noch heute in der Regel innerhalb derselben Kaste/Hierarchiestufe geheiratet, wobei die Ehe meist von den Eltern der zukünftigen Partner arrangiert wird. Auch die erwartete Höhe der Mitgift bestimmt den Wert einer Frau auf dem Heiratsmarkt entscheidend mit (eigentlich ebenfalls verboten). Wie uns ein verzweifelter junger Mann erzählte, ist ausserdem die Liierung zweier Liebender verschiedener Religionen ein komplettes Tabu.
  • Wir verstehen nur Bahnhof: Wir mussten sehr schmerzlich feststellen, dass es in Indien anscheinend Orte gibt, welche mehrere Bahnhöfe mit dem gleichen Namen haben, die aber trotzdem hunderte Kilometer voneinander entfernt sein können. So geschehen in Rajgarh, der Stadt, von welcher wir einen Zug nach Jaipur nehmen wollten. Wir hatten das Ticket gebucht und waren pünktlich am Bahnhof. Als dort der Zug nirgends aufgelistet war, haben wir uns erkundigt, auf welchem Gleis er denn fahren würde. Die freundlichen Bahnangestellten haben uns dann aufgeklärt, dass unser Zug leider nicht an diesem Bahnhof, sondern an einem Zweiten verkehren würde, welcher 130 Kilometer entfernt sei. Da aber bis zur Abfahrt nur noch 15 Minuten verbleiben würden, sollten wir doch auf den nächsten warten (welcher erst in 20 Stunden verkehrt!!!). Wie ihr wisst, haben wir dann doch lieber den Jeep genommen…

Delhi und Bhorugram (Bundesstaat Rajasthan) by Nicola: Vom Ghetto aufs Land…

und hoffentlich nicht wieder zurück Smiley. Als unser Privatjet, Typ Airbus A330-300 (nach unserer Zwischenlandung in Bangkok war das – zuvor randvolle – Flugzeug bis auf insgesamt ca. 15 Personen völlig leer), in der Hauptstadt Indiens gelandet war, wussten wir bereits nach wenigen Stunden, dass dieser Moloch definitiv nicht unser Favorit werden würde. Denn Delhi ist laut, überfüllt, stinkend und mühsam. Die Stadt mag zwar – wenn man sich genügend Zeit und vor allem Geduld nimmt – einiges an Kulturellem zu bieten haben, nachdem wir uns jedoch am ersten Tag mehrere Stunden in berstend vollen U-Bahnen (und mit “voll” meinen wir hier eine völlig neue Dimension, welche nicht einmal in den kühnsten arabischen und chinesischen Wahnvorstellungen erreicht wird; die Abteile sind so überfüllt, dass an der Station Aufseher mit Stockschlägen dafür sorgen, dass alle Leute aus- und möglichst viele einsteigen können) zum Bahnhof und zurückkämpfen mussten (jaaaa, wir durften wieder einmal unserem Lieblingshobby fröhnen und Bahntickets kaufen! Und wir dachten, dass dieser Wahnsinn nach China einfacher ausfallen würde…) und Nicola dabei die ganze Zeit auf Jennys Hintern aufpassen musste, damit dieser nicht einer der zahlreichen Grabsch-Attacken zum Opfer viel (gut, es gibt schlechtere Aufgaben Smiley), hatten wir die Nase gründlich voll und sind den zweiten Tag einfach im Hostel geblieben. Es gab sogar – nach den Überflutungen in China schon zum zweiten Mal – einen Zeitpunkt, zu welchem wir uns ernsthaft überlegt haben, dass Land umgehend wieder zu verlassen.

Da wir uns jedoch bereits vor einem Jahr für die Mitarbeit in einem Hilfsprojekt im Bundesstaat Rajasthan verpflichtet haben und wir nicht zu den Leuten gehören, die sich schnell unterkriegen lassen, haben wir am Morgen des dritten Tages die Zugreise von Delhi nach Jaipur angetreten. Und hier können wir Indien ein erstes Mal loben: Wir sind Fans der indischen Bahn! Man hat sehr viel Beinfreiheit, das ganze wird (zu) gut gekühlt und man wird umfangreich verwöhnt (man erhält Tee und Mahlzeiten serviert und auf Wunsch eine Tageszeitung in Englisch). Natürlich immer unter der Voraussetzung, dass man eine der besseren Klassen wählt (jaja, wir haben aus unseren “chinesischen Erfahrungen” die Lehren gezogen Smiley).

Da uns die Hilfsorganisation auf unsere letzten Mails, welche wir in Hong Kong geschrieben haben, nie geantwortet hat, bestand unsere erste Aufgabe in Jaipur darin, uns zum “Head Office” des “Bhoruka Charitable Trust” – kurz BCT – durchzuschlagen. Diese Hilfsorganisation ist der wohltätige Arm der “Transport Corporation of India” (grösstes Frachtgutunternehmen des Landes) und unterhält eine enge Partnerschaft mit der Universität St. Gallen. Dies ist auch der Grund, weshalb wir uns vor rund einem Jahr für Freiwilligenarbeit in einem Projekt in Bhorugram (Dorf in einer sehr abgelegenen, ländlichen Gegend von Rajasthan) beworben hatten. Dort unterhält BCT – neben einer angeblich sehr bekannten Schule – auch ein grösseres Spital mit 30 Betten für stationäre Patienten, in welchem wir aufgrund unserer Qualifikationen und Interessen gerne ein Projekt durchführen wollten.

So viel also zur Vorgeschichte… Als wir nun aber im Büro in Jaipur angekommen sind, wo wir zuerst den obersten Verantwortlichen der Stiftung treffen sollten, hatten wir den Eindruck, dass keiner mit unserem Erscheinen gerechnet hatte… Dank indischer Improvisationskunst war zwar schnell eine provisorische Unterkunft auf dem Campus des örtlichen Instituts für Gesundheitsmanagement gefunden, die Besprechung mit dem Chef am nächsten Tag war aber extrem kurz und eher ernüchternd, da er nicht wirklich auf uns eingegangen ist und wir den Eindruck hatten, dass noch nie jemand unsere Lebensläufe wirklich gelesen hat (einzige Aussage: “Ah, I remember the nice pictures!”; naja)!

So schnell liessen wir uns dann aber doch nicht entmutigen und konnten noch am Abend desselben Tages mit dem Projektleiter in Bhorugram in das, rund 7 Fahrstunden entfernte, Dorf fahren. Während der Fahrt wurden wir zwar gut versorgt, mit uns gesprochen oder sich auch nur vorgestellt hat sich der gute Mann jedoch nicht. Auch unser riesiger Bungalow in Bhorugram (zwei Schlafzimmer, zwei Duschen, zwei Toiletten, eine Küche und ein Vorraum) haben bei uns nicht den Anschein gemacht, als wäre jemand über unser Kommen informiert worden: alles lag unter einer monatealten Sandschicht und war bevölkert von Insekten der unterschiedlichsten Gattungen… Da am nächsten Tag Sonntag war und nicht gearbeitet wurde, hatten wir aber genug Zeit, um zu putzen Smiley Ausserdem liessen wir uns von einem sehr netten, jungen Angestellten noch das Spital zeigen und waren bei dessen Anblick – gelinde ausgedrückt – nicht erfreut… Stationäre Patienten gibt es hier schon lange keine mehr, geschweige denn die erwähnten 30 Betten! Auch das tägliche (ambulante) Patientenaufkommen beläuft sich nach Angaben der zuständigen Ärztin auf maximal 8 (!!!) Personen. Aha…

Wären wir nicht so sture Böcke bzw. Kämpfernaturen, hätten wir auch gleich noch den Montag freinehmen können, da wir vom lokalen Management weiterhin nichts hörten. Da wir jedoch nicht zum Spass hier sind, haben wir den zweiten Arzt hier kontaktiert, welcher jeden Tag mit der sog. “Mobile Medical Unit” – kurz MMU – von Dorf zu Dorf fährt, um der Landbevölkerung zu helfen. Auf unsere Anfrage hin hat er uns mitgeteilt, dass seiner Ansicht nach auf dem Land sehr wohl ein Bedürfnis für physiotherapeutische Dienstleistungen besteht. Also sind wir mit ihm mitgefahren und haben uns den ganzen Tag lang seine “Sprechstunde” (geschieht hier meist im Kindergarten des Dorfes und alle Einwohner schauen zu) angeschaut. Jennys’ Beobachtungen bestätigten, dass aufgrund lokaler Verhaltensweisen (Sitzhaltung am Boden, Rauchen) tatsächlich ein Bedürfnis für simple Atemtherapie-, sowie Knieübungen besteht. In unseren Köpfen entstand entsprechend schon ein Konzept (welches, verraten wir an dieser Stelle jedoch noch nicht, da noch zu viele Dinge unsicher sind…).

Am Dienstag war es dann (endlich) soweit und wir wurden ins Büro des “Managers” bestellt. Wir stellten ihm – im Beisein des “Landarztes” – unser Konzept und dessen Nutzen vor. Der Arzt war begeistert, den Manager hat es nicht interessiert, da er eher von Jenny über mögliche Lösungen für seine eigenen Leiden informiert werden wollte! Nachdem uns dann am selben Tag vom Manager eine simple Bitte abgelehnt wurde (wir waren wieder mit der MMU unterwegs in einem 15 Minuten entfernten Dorf; nach zwei Stunden waren wir mit unseren Beobachtungen fertig und fragten, ob uns der Fahrer zurückfahren könnte, damit wir nicht 5 Stunden warten müssten; da jegliche Fahrten bewilligungspflichtig sind, mussten wir den Manager kontaktieren; und er lehnte ab!) hat es uns gereicht: wir verfassten ein sehr wütendes Mail an das oberste Management, in welchem wir auch unser Konzept erläuterten und setzten ein Ultimatum: entweder wir würden in Zukunft alle benötigten Ressourcen erhalten oder aber am nächsten Tag unsere Sachen packen! Obwohl wir nicht damit gerechnet hatten, erreichte uns am nächsten Morgen eine schriftliche und telefonische Entschuldigung des Managements in Jaipur und die Zusage der benötigten Ressourcen…

Wir sind nun dabei, unser Konzept im Detail auszuarbeiten. Sollten wir in der nächsten Zeit wirklich alle gewünschte Unterstützung erhalten (wir sind da noch etwas skeptisch), werdet ihr erst in einigen Wochen wieder von uns hören, wenn das Projekt abgeschlossen ist. Ansonsten bereits wieder früher und von einem anderen Ort Smiley

Hong Kong by Nicola: Essen und Shoppen für Fortgeschrittene

Nach einer letzten dreizehnstündigen Zugfahrt in einem Hard-Sleeper-Abteil voller neugieriger (aber erstaunlicherweise sehr gut erzogener) chinesischer Internatsschüler von Guilin nach Shenzhen, haben wir China nach sieben Wochen via einem Fussgänger-Grenzübergang (!!!) wieder verlassen (naja, zumindest nach offizieller chinesischer Ansicht haben wir ja lediglich „Festlandchina“ verlassen; fragt man hingegen einen „Hongkongnesen“, ob er sich als Chinese fühlt, ist die Antwort ein klares, fast schon entrüstetes „Nein“; ausserdem sollen uns die Zollbeamten dann einmal bitte erklären, was genau sie kontrollieren, wenn wir ja lediglich einen anderen Landesteil betreten…).

Und angekommen sind wir im Shopping-Paradies der Welt, wo es nichts gibt, was man nicht kaufen könnte – natürlich unter der Voraussetzung, dass man das nötige Kleingeld mit sich führt (wohl nirgends auf der Welt ist die Dichte an Läden, welche Schweizer Uhren verkaufen, höher als in Hong Kong). Was sofort auffällt: die einzelnen Inseln, aus welchen der Staat besteht, sind alle sehr hügelig und mit dichtem Grün bewachsen. Wie im Falle der Schweiz mit ihren Bergregionen, fällt dadurch ein erheblicher Anteil der Landesfläche für die Besiedlung weg, weshalb die Wohndichte der restlichen Fläche extrem hoch ist (noch viel höher als in der Schweiz, da Hong Kong XXX Einwohner hat, jedoch eine Landesfläche von nur XXX Quadratkilometern). Resultat: In Kowloon und auf Hong Kong Island werden Gebäude mit weniger als 20 Stockwerken als eine nicht vorstellbare Platzverschwendung angesehen. Leider zieht sich dieses Prinzip „effizienter Besiedlung“ auch ins Innere von Gebäuden – in unserem Fall namentlich unseres Hostels – weiter… Unser Zimmer war zwar topmodern und mit eigenem Bad, dafür aber nur gut 10 Quadratmeter gross (inklusive Bad) SmileyAndererseits würde Hong Kongs weltbekannte Skyline ohne die Wolkenkratzer nicht existieren; und das wäre schade, ist sie doch sehr sehenswert und dank der täglich stattfindenden Symphony of Lights (einer Licht- und Lasershow, bei welcher die höchsten Gebäude auf beiden Seiten der Bucht im Rhythmus der musikalischen Untermalung beleuchtet werden) die beliebteste Sehenswürdigkeit der Stadt.

Natürlich sind wir aber nicht nur wegen den beeindruckenden Gebäuden zehn Tage geblieben. Zum ersten Mal hatten wir nämlich für das Land, welches wir als nächstes besuchen (Indien) noch kein Visum organisiert. Die Beschaffung erwies sich jedoch dank dem „Anstell-Wahn“ der Einwohner Hong Kongs (sogar in den – oft völlig überfüllten – Restaurants wird eine Nummer gezogen, wie in der Schweiz bei der Post und auch an der Busstation stellt man sich in die entsprechende Warteschlange) als sehr unproblematisch und nerv schonend. Nicht auszudenken, wie das Ganze abgelaufen wäre, wenn wir das Visum in Peking beantragt hätten Smiley.

Da unsere Haare seit unserer Abreise vor drei Monaten keine Schere zu Gesicht bekommen haben, war es mehr als überfällig, zum Coiffeur zu gehen. Nach längerer Internetrecherche (wenn man einmal die ausgeflippten Frisuren der Leute hier gesehen hat, kann man nicht mehr davon ausgehen, dass jeder Friseur einen „anständigen“ Schnitt im Repertoire hat) ward ein Figaro gefunden, von welchem wir uns einen anschaulichen, praktischen und langanhaltenden Haarschnitt erhofften. Die Sache war zwar (für Hong Konger Verhältnisse) nicht ganz günstig (etwa gleich teuer wie in der Schweiz), wir sind mit dem Resultat soweit aber ganz zufrieden…

Mit so einer schicken Frisur mussten wir uns natürlich sofort auch ins lokale Nachtleben stürzen. Dies war – kurz zusammengefasst – speziell, aber auch teuer: als Europäer muss man sich zwar nicht anstellen, sondern wird von den Türstehern an der Menge vorbeigelotst und in den VIP-Bereich verfrachtet, bezahlt aber exorbitante 400 HK $ Eintritt (ca. 50 Franken) und muss sich den Weg zur Tanzfläche (liegt 4 Stockwerke weiter unten) mühsam erkämpfen und erfluchen (Aussage eines Security, welcher uns den Weg versperren wollte und darauf von uns beiden einige nicht ganz zimperliche Kommentare erhielt: „Please don’t be angry with me!“).

Natürlich wollten wir auch einmal den typischen Sonntag der lokalen Bevölkerung kennen lernen. Da wir bereits in Moskau zwei Geschwister aus Hong Kong kennengelernt haben, beschlossen wir, sie um eine Einführung zu bitten (thanks again to Crystal and Hercules; hope to see you someday in Switzerland). Demzufolge sieht ein freier Tag in Hong Kong wie folgt aus: man geht essen, spaziert ein bisschen, geht was essen, fährt in einen anderen Stadtteil, zieht eine Nummer in einem Restaurant, verbringt die Wartezeit mit Shopping und … na, könnt ihr es euch denken?… natürlich, geht am Ende des Tages noch einmal schön essen Smiley

Dass der Verpflegung in diesem Land ein grosser Stellenwert zugemessen wird und man praktisch jegliche kulinarische Köstlichkeiten aus der ganzen Welt erhält, haben wir aber bereits an unserem ersten Abend herausgefunden: mit einem gewissen Mass an Sättigung bezüglich asiatischer Küche sind wir aus China ausgereist und haben bereits seit Wochen von einem saftigen Cordon Bleu geträumt…und wie es der Zufall so will, befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu unserem Hostel ein Schweizer Restaurant Smiley Die Sache war nicht billig (fast so teuer wie zu Hause), aber gut. Und es gab sogar Quöllfrisch Smiley. Übrigens haben wir auch einige typische Hong Konger Spezialitäten gekostet: Gefrorenes Joghurt mit Früchten, „Mooncake“ (traditionelles Gebäck) und Suppe mit Schwein oder Rind (und zwar nicht nur dem Fleisch, sondern dem ganzen Tier: Haut, Innereien und sogar geronnenes Blut).

Und welches sind die Attraktionen der Stadt (neben Essen, Skyline und Shopping)? Nun, eine Hafenrundfahrt bei Nacht gehört sicherlich zum obligatorischen Programm, wenn man in Hong Kong ist. Der Besuch des „Victoria Peak“ (Aussichtsplattform auf einem Hügel oberhalb der Bucht von Hong Kong Island) ist zumindest laut Reiseführer zwar ebenfalls eine Hauptattraktion, aus unserer Sicht aber eher der beste Weg, um die eigenen Aversionen gegenüber chinesischen (Festland-)Gruppentouristen auf einen neuen Höchststand zu schüren und das eigene Portemonnaie gehörig zu schröpfen.

Wir möchten jedoch drei Dinge erwähnen, welche nicht sehr populär sind, uns aber enorm gefallen haben: Da wäre einerseits die Fahrt mit den uralten, doppelstöckigen Trams auf Hong Kong Island. Aus unserer Sicht die schönste Form, den Finanzbezirk mit seinen modernen Wolkenkratzern zu erkunden, ohne sich einen Hitzeschlag mit gleichzeitiger Erkältung einzufangen (Hong Kong ist im Sommer heiss und feucht, die Einkaufszentren und Gebäude hingegen auf ca. 20 Grad herunter gekühlt).

Die beiden anderen Punkte betreffen Hong Kong (das Land) aber nicht unbedingt Hong Kong (die Stadt). Es existieren nämlich noch einige weitere Orte auf den Inseln, welche jedoch längst nicht die Ausmasse des Zentrums selbst erreichen und teilweise schon fast als abgeschieden zu bezeichnen sind. Einer davon ist Sai Kung: dieses Fischerdorf ist ein äusserst beliebtes Ausflugsziel der Stadtbewohner und bietet einige exzellente Seafood-Restaurants, wobei vor allem der Bestellvorgang äusserst aussergewöhnlich ist, da man sich sein späteres Essen noch in lebender Form aus einem der zahlreichen Aquarien aussucht. Will man zwar exotischen Fisch essen, dies aber nicht im Restaurant, dann „bestellt“ man sich das Getier am besten fangfrisch bei Dämmerung bei einem der zurückgekehrten Fischer.

Von Sai Kung aus, kann man per Minibus ein Stück in Richtung Sai Wan fahren. Gestoppt und Ausgestiegen wird dann inmitten eines Nationalparks. Nach einem knapp 40-minütigen Marsch erreicht man dann den ersten von vier traumhaften Stränden. Weisser Sand, türkisblaues Meer, nicht mehr als 30 Personen im Umkreis von 200 Metern…und das alles in nächster Nähe zu einer der pulsierendsten Städte Asiens…wirklich schön.

Chinas Südwesten by Nicola: Wenn Pandas rot sind, Tiger über Flüsse springen und die Nachbarschaft unter Wasser steht…

…dann ist man entweder reif für die Klapse oder man befindet sich im Südwesten Chinas.

Auf uns trifft letzteres zu, denn unsere zweite (Ein-)Reise nach China führte uns via Shanghai (Zwischenlandung) nach Chongqing, der wirtschaftlich wichtigsten Stadt im Südwesten Chinas. Diese 29-Millionen-Metropole (jaja, Shanghai und Peking sind nicht die grössten Städte in China…) am Ende des Yangtze-Staudamm-Beckens sollte uns als Ausgangspunkt für eine Flusskreuzfahrt zu den drei Schluchten und als Einstiegspunkt in den Südwesten Chinas dienen. Nun, oft kommen Dinge anders als man denkt…

Wir hatten in Südkorea zwar nämlich mitbekommen, dass Peking überflutet wurde, von weiteren Überschwemmungen im Landesinneren vernahm man aber nichts. Und so kam es, dass wir uns im Zentrum einer Megastadt befanden, die zur Hälfte unter Wasser stand. Und das „lustigste“ dabei: keiner wusste davon (zumindest abgesehen von den unmittelbar Betroffenen). Zensur und Nachrichtensperre in Chinas Medien gehen nämlich soweit, dass selbst Naturkatastrophen praktisch keinerlei Erwähnung finden, wenn es nicht absolut unumgänglich ist! In Peking, wo zahlreiche Ausländer leben und arbeiten, war eine solche Katastrophe kaum geheim zu halten. Im Landesinneren sieht die Situation aber anders aus und wir bezweifeln, dass wir irgendetwas von den Überschwemmungen mitbekommen hätten, wenn nicht plötzlich jeglicher Schiffsverkehr auf dem Yangtze eingestellt worden wäre (und unsere Pläne von einer Kreuzfahrt damit im wahrsten Sinne des Wortes „ins Wasser gefallen“ wären)! Von derlei „staatlich verordneter Fahrlässigkeit“ beunruhigt, haben wir uns zu gewissen Zeitpunkten ernsthaft überlegt, das Projekt „China 2“ zu beenden und das Land unmittelbar wieder zu verlassen.

Nach mehrtägigem Nachdenken, gepaart mit intensiver Informationsbeschaffung (teilweise nur dank „illegaler“ Mittel wie einem VPN-Client möglich), haben wir dann beschlossen, unserem ursprünglichen Plan eine zweite Chance zu geben und per Schnellzug nach Chengdu, der Hauptstadt Sichuans, weiterzureisen. Dort angekommen, wurden wir positiv überrascht: Hier im Westen Chinas geht das Leben wesentlich stressfreier voran, die Internetleitungen sind schneller (und teilweise dank hosteleigenem VPN-Client nicht einmal mehr „Facebook-feindlich“) und einige Chinesen stehen ihrer eigenen Regierung sogar sehr kritisch gegenüber (und stehen sogar dazu!!! Namen werden wir an dieser Stelle aus Diskretionsgründen jedoch nicht nennen). Darüber hinaus hat Chengdu auch einiges an Sehenswertem zu bieten, allem voran natürlich die Pandas. Auch wir haben die behäbigen Tiere, welche den grössten Teil des Tages bzw. ihres Lebens mit Fressen und Schlafen verbringen, ins Herz geschlossen (so wie die würden wir auch gerne leben Smiley ). Und was uns noch weit mehr erstaunt hat: es gibt sogar rote Pandas (die sehen – zumindest was ihre Statur anbelangt – zwar nicht aus wie „die richtigen“ Pandas, sollen aber angeblich zur gleichen Art gehören). Die zweite Attraktion in der näheren Umgebung von Chengdu ist der grosse Buddha von Leshan: er ist der weltweit grösste Buddha, welcher direkt aus dem Stein geschlagen wurde. Ein Besuch lohnt sich auch definitiv hier, allerdings erfordert er Nerven aus Stahl und die Bereitschaft, jeglichen westlichen Anstand für einen halben Tag zu vergessen (die – überwiegend in Gruppen reisenden – chinesischen Touristen haben, zumindest dem Anschein nach, nämlich gar nie etwas gelernt, was diese Bezeichnung verdienen würde Smiley ).

Mit einer 27-stündigen Fahrt im Schlafabteil ging es dann von Chengdu nach Kunming, der Hauptstadt der Provinz Yunnan. Da die einzige Attraktion, welche wir dort besichtigen wollten (der Stadtpark), aufgrund von Rennovationen (wer zum Teufel kommt auf die saudumme Idee, einen riesigen Stadtpark komplett auf einen Schlag zu renovieren?) geschlossen war, haben wir unsere Zeit vor allem (wieder einmal) mit Planung und dem Kauf von Zugtickets zugebracht. Einzige Ausnahme war Jennys Besuch einer modern-traditionellen Gesangs- und Tanzshow.

Unsere nächste Etappe führte uns mit dem Nachtbus nach Yuanyang, einer Region mit sehr bekannten, terrassenförmig angelegten Reisfeldern in den Bergen rund um Kunming. Eine Tageswanderung durch die Dörfer und Reisfelder ist zwar schweisstreibend (wegen den steilen Auf- und Abstiegen sowie der sommerlichen Hitze) aber wunderschön und sehr empfehlenswert. Einzig bei der Auswahl der Unterkunft sollte man in diesen ländlichen Gegenden sehr sorgfältig vorgehen (zum ersten Mal seit dem Beginn unserer Reise sahen wir uns gezwungen, wegen hygienischer Unzumutbarkeit das Hostel zu wechseln).

Via Kunming ging es anschliessend weiter nach Lijiang, der letzten grösseren Ortschaft vor den Ausläufern des Himalayas. Da die Altstadt dieses Ortes wegen ihrer gut erhaltenen Gebäude einen hohen Bekanntheitsgrad besitzt und inzwischen auch die chinesischen Schulferien ihren Höhepunkt erreicht hatten, war das Stadtzentrum völlig überlaufen und die Strassen (trotz Fahrverbot) völlig verstopft. Für uns war dies jedoch nicht weiter tragisch, da wir auch hier unserer Lieblingsbeschäftigung (= Zugtickets kaufen) nachgehen mussten und die baldige Weiterreise in die Tigersprungschlucht bevorstand. Dieser zweitägige Ausflug war dann auch definitiv eines der Highlights unserer Chinareise, sowohl in Bezug auf die Anstrengung (eine rund 25 Kilometer lange Strecke; 900 Höhenmeter waren mehrfach zu bezwingen, da es immer wieder bergauf- und -ab ging; das Ganze liegt ausserdem auf einer Höhe zwischen 2‘100 und 3‘000 Meter über Meer), als auch die umwerfenden Ausblicke, extremen Erfahrungen (der Weg ist an einigen Stellen nur einen halben Meter breit, bevor es mehrere 100 Meter senkrecht nach unten geht; drei Abschnitte sind ausserdem von Wasserfällen überflutet, welche es zu durchqueren gilt) und tollen Reisebekanntschaften. Eine ganz spezielle Erfahrung war dann auch die Rückreise, da man nach ein paar Kilometern gezwungen war, den Bus zu wechseln, indem man eine ca. 100 Meter breite Geröllspur „überkletterte“: einige Wochen vor unserer Wanderung war hier ein Teil des Hangs abgerutscht und hat die Strasse einfach mitgerissen…

Zwei weitere Zugfahrten (je 8 und 13 Stunden) später waren wir in unserer letzten Destination in China angelangt. Guilin, die Hauptstadt der Provinz Guangxi, ist bekannt für die sie umgebenden Karstlandschaften, welche vom Li-Fluss durchquert werden. Da Jenny in diesen Tagen an einer Blasenentzündung litt (wahrscheinlich die Folge von unhygienischen Lebensmitteln, welche zu Durchfall führten), hat Nicola die Flussfahrt alleine gemacht. Sein Fazit: Schön, aber im Vergleich zu ähnlichen Landschaften, wie man sie bspw. in Thailand oder Vietnam findet, eher unspektakulär und mit zu vielen Touristen Smiley

Mittlerweile sind wir via Shenzhen nach Hong Kong weiter- und damit aus China ausgereist und geniessen das pulsierende Leben dieser Grossstadt. (Fast) Ohne (Festland-)Chinesen Smiley

Natürlich möchten wir auch in diesem Artikel einige bemerkenswerte Punkte des alltäglichen Lebens in China speziell hervorheben (ja, auch nach rund sechs Wochen ist noch vieles ungewohnt… einer der Gründe, weshalb wir nicht nur traurig sind, dass wir das Land verlassen können):

– Wenn sich ein Schweizer Bankfachmann im Grab umdreht…: …ist er kurz vor seinem Tod wahrscheinlich in China gewesen und seine Visa-Karte wurde aus unerfindlichen Gründen von einem Bankomaten gesperrt und eingezogen. Ist dies nämlich geschehen, erhält man von der betreffenden Bank nach Anfrage mitgeteilt, dass man seine Karte nach fünf (!!!) Arbeitstagen wieder abholen könne. Erst ein sehr übel gelaunter Kommentar, gespickt mit dem Hinweis, dass im eigenen Land das Ganze wesentlich kürzer dauert und man am nächsten Tag weiterreisen müsse, verkürzt die Wartezeit auf 24 Stunden.

– Michael Schumachers neue Karriere als Taxifahrer in Chongqing: Obwohl schon mehrfach erwähnt, wollen wir an dieser Stelle noch einmal auf den Verkehr in China eingehen. Unser heutiges Augenmerk liegt jedoch auf den Taxifahrern: diese Reiter der Apokalypse sind langfristig eines jeden Touristen Todes und wir sind ihnen – entgegen jeder Wahrscheinlichkeit – nur knapp entkommen! Den schlimmsten Vertreter dieser Gattung trafen wir in Chongqing bzw. wir sind in seinen Wagen gestiegen. Und wir sind uns sicher: Herr Schumacher hat sich einer plastischen Gesichts-OP unterzogen und wohnt nun hier! Weshalb? Er hat den Weg vom Flughafen in das Stadtzentrum innerhalb von 40 Minuten geschafft. Normalerweise dauert das ca. 1.5 Stunden! Ach ja, noch etwas: Hat ein Taxifahrer einmal – aus welchem Grund auch immer – keine Lust, einen mitzunehmen, wird man einfach stehen gelassen. Und Gründe gibt es viele: es regnet, er hat Pause, du bist ein Tourist (und nicht Chinese), etc….

– Die Lösung des „Reiseführerproblems“: Reiseführer sind schwer, brauchen viel Platz und man muss sich die Dinger unter Umständen teuer aus dem Heimatland nachschicken lassen (in China sind z.B. viele verboten, da sie Informationen zu Tibet enthalten). Die Lösung all dieser Probleme heisst Tablet. Ein solches haben wir uns in Chengdu gekauft und es ist das Geld wirklich wert. Die Beschaffung des elektronischen Spielzeugs verlief aber nach dem „südkoreanischen Prinzip“, d.h. im Elektrofachmarkt muss man über die Preise verhandeln.

– Scharf, schärfer, Sichuan: Das Essen in dieser Provinz Südchinas wird uns wahrscheinlich eine gute Vorbereitung auf das indische Curry sein: so enthält eines der typischen Gerichte hier bspw. Fleisch und Chilischoten im Verhältnis 20:80 …und sonst nichts.

– Weshalb soll man kriminelle Tätigkeiten ausüben, wenn man auch Zugtickets verkaufen kann? In etwa diese Frage dürfte sich die Mafia auch gestellt haben, bevor sie die Bahn übernahm… Aber jetzt einmal Spass beiseite: In China an ein Zugticket für ein Schlafabteil zu kommen, ist eine fast unmögliche und vor allem nervenaufreibende Aufgabe. Es existiert zwar sehr wohl ein Onlineverkauf, allerdings a) nur in chinesischer Sprache und b) nur für Inhaber einer Union-Pay-Karte (oh, ihr kennt die nicht? Dabei ist es doch wahrscheinlich eine der am weitestverbreiteten Kreditkarten…zumindest wenn man davon ausgeht, dass jeder zweite Chinese eine hat). Und so kommt es, dass man sich regelmässig zum Bahnschalter begibt und jedes Mal ca. 1-2 Stunden Schlange steht, um ein Ticket in einem Schlafabteil zu ergattern. Denn schon zwei bis drei Tage nach Verkaufsbeginn (jeweils 10 Tage vor Abfahrt des Zuges; aber Achtung! Es sind 10 Tage wenn man den heutigen mit einrechnet! Und es kommt auch auf die Stunden an!) sind alle Hard-Sleeper-Plätze weg! Plätze für den Soft-Sleeper gibt es meist nicht einmal zu Verkaufsbeginn (Mafia eben…).

– Und wie, wenn nicht mit dem Zug, kommt man von A nach B? Natürlich mit dem Bus! Dass dabei Bus nicht gleich Bus ist, ist ja logisch. Von der alten Klapperkiste mit rissigen Fenstern bis zum futuristischen Raumschiff auf Rädern, vom „normalen“ Fahrzeug mit Sitzen bis zum „Liegebus“; wenn man ein Ticket kauft, weiss man nie, was einen erwartet. Speziell die Schlafbusse unterscheiden sich dabei erheblich in Ausstattung und Komfort: es gibt solche mit Klimaanlage, solche mit Fenstern und einige mit beidem; gewisse haben Betten mit 170 cm Länge und unergonomischer Form, andere längere und flache; in einigen Bussen gibt es drei Reihen mit Doppelstockbetten, andere haben eine „Doppelbettreihe“ und eine einfache; Toiletten können vorhanden sein, müssen aber nicht (dann dient dann halt eben eine leere Flasche als Nachttopf, bzw. – im Fall von Frauen – ein leerer Plastiksack, welcher nach Gebrauch durch das (hoffentlich vorhandene) Fenster entsorgt wird), etc. Dank engelsgleicher Geduld und viel Glück beim Kauf von Bahntickets, mussten wir jedoch nur zweimal auf Busse zurückgreifen.