Goa, Mumbai & Singapur by Nicola: Gegensätze neu definiert

Indien ist vielfältig und interessant, aber auch ganz schön anstrengend. Was also spricht gegen ein paar Tage Erholung im “un-indischsten” Teil von Indien? Nicht viel, haben wir uns gedacht und auf den Weg nach Goa gemacht. Wie untypisch Goa in einigen Facetten aber wirklich ist, während andere Erfahrungen wiederum perfekt in unser Bild von Indien hineinpassen, haben wir uns jedoch in unseren wildesten Träumen nicht vorstellen können, als wir in den Zug von Mangalore nach Madgaon gestiegen sind…

Entgegen unseren Erwartungen, hat der erste Teil dieses nächsten Reiseabschnittes nämlich typisch indisch begonnen: Als wir die Betten in unserem Zugabteil beziehen wollten, waren diese – wie so oft – bereits besetzt, was nichts Neues wäre, wenn die betreffende Familie nicht auch noch die Unverfrorenheit gehabt hätte, uns in andere Betten umzuquartieren, da sie ja auf die mitreisende Grossmutter und das Kleinkind aufpassen müssen und diese leider nicht in der Lage wären, in die obere Bettenetagen zu klettern. Da die uns bevorstehende Fahrt “nur” 5 Stunden dauern sollte und wir uns nicht mit dem gesamten Waggon anlegen wollten (speziell indische Mütter haben die Fähigkeit, einen lautstark als “rüpelhaften, jungen und verwöhnten westlichen Bengel” darzustellen, welcher ihnen keine Annehmlichkeit gönnen will), haben wir wiederwillig eingewilligt. Wie wir bei der Ticketkontrolle hören mussten, hatte die vierköpfige Familie (Vater, Mutter, Grossmutter, Kind) darüber hinaus lediglich zwei Tickets! Besetzt haben sie aber fünf Betten! “Nur nicht aufregen, bald sind wir am Strand.”

Doch weit gefehlt! Zuerst ging es einmal ins “Dschungelcamp” nach Anjuna: das von uns gebuchte Hostel lag wunderschön inmitten eines tropischen Gartens, war dadurch schön schattig und beim Einschlafen konnte man exotischem Getier zuhören (zum Glück hatte unser Fenster ein stabiles Gitter, sonst hätten wir das teilweise wahrscheinlich nicht als so angenehm empfunden! Smiley). Dass wir hingegen einige Tage vor Saisonbeginn an diesem Ort waren und die Unterkunft noch gar nicht 100%-ig für die Touristen vorbereitet worden war, fanden wir hingegen nicht so toll… Das Personal (abgesehen vom Besitzer) war erst gerade aus Tibet eingetroffen und hatte noch keine Ahnung davon, wo was zu finden war. Ausserdem konnten die Köche noch nicht kochen (sie erhielten täglich “Kochunterricht” vom Chef), was dazu führte, dass vor Ort selbst nur Frühstück angeboten wurde. Aber sogar dieses erhielten wir nur am ersten Tag in der angepriesenen Qualität (unsere Unterkunft wurde im vorigen Jahr als das beste vegetarische Restaurant in Goa ausgezeichnet); am zweiten Tag gabs gar keins (das gesamte Personal hatte frei, da die Saison ja erst in zwei Tagen beginnen würde) und am dritten war der Kaffee verbrüht, das Idli versalzen und das Dosa hatte zuviel Chilli drin (der Besitzer war an diesem Tag nicht da und der Koch hatte anscheinend im Unterricht nicht aufgepasst…). Wir fuhren dann an einen anderen Ort zum Essen. Die amüsanteste Tatsache war jedoch, dass der “Buchhalter” bei unserere Abreise dank fehlendem Taschenrechner nicht in der Lage war, alle aufgelaufenen Kosten korrekt zu berechnen, weshalb wir einige hundert Rupien zuwenig bezahlt haben. Da wir uns jedoch den gesamten Aufenthalt über als eine Art “Testkaninchen” gefühlt haben, hatten wir deswegen kein schlechtes Gewissen Smiley. Anjuna selbst und die umliegenden Örtchen und Strände (welche sich übrigens praktisch alle dadurch hervorheben, dass sie hässlich sind und – abgesehen von einigen Badegästen und kiffenden europäischen Althippies – sich viele Drogendealer und Kühe (!!!) darauf herumtreiben) haben wir mit einem gemieteten Roller erkundet, was sich als richtige Entscheidung herausgestellt hat, da die Distanzen für Fussmärsche zu weit und öffentlicher Verkehr schlicht inexistent sind. Einziger Nachteil bei der Sache: da in Anjuna der Tagesablauf überwiegend darin besteht, sich ein schönes Plätzchen an einer Strandbar zu suchen und dann bei strahlendem Sonnenschein einige köstliche Cocktails zu schlürfen – einige davon werden aus Gründen der guten Laune übrigens ungefragt mit Opium angereichert –, fährt man unter Umständen nicht komplett nüchtern zurück in die Unterkunft.

Von Palolem – unserem nächsten Ziel in Goa – haben wir uns deswegen schon einiges mehr versprochen: dieses ehemals verschlafene Fischerdörfchen ist heute vor allem wegen seines wunderschönen Strandes und der direkt daran angrenzenden Palmhütten bekannt. Eine solche Hütte mit Meerblick wollten wir uns natürlich auch unter den Nagel reissen, um eine Woche lang schön auszuspannen. Wie ihr euch jedoch sicher denken könnt, kam es – wie immer in Indien – etwas anders: da die Touristensaison nach wie vor nicht begonnen hatte und die Strandhütten aufgrund ihrer Beschaffenheit (alles natürliche und biodegenerierbare Materialien) jedes Jahr neu gebaut werden müssen, hatten rund 3/4 aller Ressorts noch gar nicht geöffnet. Und bei denjenigen, welche bereits Besucher akzeptierten, waren die Hütten mit Meersicht natürlich bereits alle restlos ausgebucht Trauriges Smiley Und so landeten wir in einer Hütte in der zweiten Reihe, welche zwar gross, sehr gut ausgestattet und günstig (ca. 16 Franken pro Nacht für beide!) war und sogar über eine kleine Terrasse mit Hängematte verfügte, trotzdem aber halt nicht direkt am Meer lag! Der Strand selbst ist in der Tat sehr schön, das Wasser klar und warm. Restaurants mit akzeptablem Essen (abgesehen von einigen Spezialitäten in ausgewählten Lokalen jedoch lange nicht so gut, wie im Rest Indiens) und kühlen Drinks (in Goa wird vom Staat keine Alkoholsteuer erhoben, weshalb die Getränke sehr günstig sind) findet man auch zuhauf, die Party, auf welche wir nach so langer “fest-freier Zeit” jedoch gehofft hatten, blieb aber mangels Saisonbeginn komplett aus! Und so taten wir nichts weiter, als zu baden, uns zu sonnen, Engländer, Russen und “Möchtegern-Hippies” (erkennt man daran, dass sie sich zwar alle den ganzen Tag die Birne wegrauchen, alternativere Kleidung tragen und mit dem Rucksack anreisen; gleichzeitig aber für jegliche Exkursionen eine geführte Tour buchen, den Müll einfach am Strand liegen lassen, an ihren Rücksäcken ein Schildchen mit dem Kürzel des Flughafens Goa haben, noch nie in Indien Zug gefahren sind und ganz im Allgemeinen keinen Schimmer der indischen Kultur haben) zu beobachten, uns über Sandflöhe im Bett und besonders dreiste Exemplare der Gattung “Spanner-Inder” (kommen zu zweit mit professionellen Spiegelreflexkameras an den Strand: der eine muss sich dann “unauffällig” neben einer Gruppe Touristinnen im Bikini hinstellen und so tun, als würde sein Kollege ihn fotografieren; dieser zoomt jedoch mit voller Stärke nur auf die Damenwelt…) am Strand zu ärgern (wahrscheinlich ist Nicola’s Stinkefinger auf sehr vielen indischen Fotos zu sehen Smiley) und natürlich zu essen, zu essen und noch einmal zu essen. Apropos “Spanner-Inder”: bei unserer Abreise aus Goa haben wir einen Franzosen getroffen, welcher bereits seit sechs Monaten in Indien unterwegs ist. Dieser hat uns erzählt, dass eine Freundin von ihm sogar einmal im Bus neben einem Inder gesessen habe, welcher unverhofft sein bestes Stück ausgepackt und neben ihr masturbiert habe, als sie kurz einschlief! Da haben wir ja noch einmal Glück gehabt Smiley

Um uns nicht vorwerfen lassen zu müssen, dass wir indischen Städten keine Chance gäben, uns ihre angebliche Schönheit zu zeigen, haben wir die letzten zwei Tage vor unserer Ausreise noch in Mumbai verbracht. Nun, was sollen wir sagen? Die Stadt hat zwei Sehenswürdigkeiten, welche uns angesprochen haben (Gateway of India und Elephanta Island: ersteres ist ein Triumphbogen ähnlich dem Arc de Triomphe in Paris, letzteres eine der Stadt vorgelagerte Insel mit alten Shiva-Tempeln, welche direkt aus dem Stein geschlagen wurden), aus den Socken gehauen haben uns aber höchstens ein weiteres Mal die unverschämt hohen Eintrittspreise für Touristen (auf Elephanta-Island um Faktor 25 höher als für Einheimische; neuer Rekord!) und die Hässlichkeit der restlichen Stadt! Indien, du magst zwar faszinierend sein, aber deine Städte werden wir nie mögen!

Ganz interessant / unterhaltsam / ärgerlich waren ein weiteres Mal aber eher die Vorfälle rund um das geplante Geschehen: so wurde unsere Bootsfahrt nach Elephanta Island durch das unmittelbare Auftauchen eines Patrouillenbootes der indischen Küstenwache – welches uns per Drohung mit der Bordkanone zur Kursrichtung zwang – erheblich verlängert…weshalb wissen wir bis heute nicht. Die anderen “Events” fanden dann am Flughafen Mumbai statt:

  • Das Flughafengebäude ist der wohl bestbewachte Ort in der ganzen Stadt. Man darf es nur unter Vorweisen des Reisepasses und des Flugtickets betreten. Sollte man – so wie wir – nur ein E-Ticket auf dem Handy haben, muss man seinen Pass einem Flughafenangestellten übergeben, welcher dann die Tickets am Check-In-Schalter abholt, während man selbst draussen inmitten von vier schwer bewaffneten Soldaten warten muss. Ist man dann drin, muss man zuerst sein Gepäck einchecken, bevor man auch nur auf die Toilette darf! Auch das Einchecken selbst ist nicht ganz unproblematisch, da einem die Angestellten am Schalter noch ziemlich doofe Fragen stellen wie: “Was ist da drin?” (er meint die grauen Säcke, welche unsere Trekkingrucksäcke vor Schaden bewahren sollen) Antwort: “Unser Rucksack” Er: “Aha. Und was ist dort drin?” Wir: “Halt alles, was man im Alltag so braucht.” Er: “Was denn?” Wir: “Kleider, Zahnbürste, etc.” Er: “Kleider?” Wir: “Ja.” Kollege, welcher dazu eilt: “Ja, Kleider eben” Er: “Aha. Ok.”
  • Dumme Fragen muss man sich aber nicht nur beim Check-In anhören. Am Zoll gehts im gleichen Ton weiter: “Nicola?” Ich: “Ja” Er: “Nicola Burkhardt?” Ich: “Ja” Er: “Wie hat Ihnen Indien gefallen?” Ich: “Gut, war schön.” Er: “Sie arbeiten nicht?” (ich war mir nicht mehr ganz sicher, ob ich bei der Einreise angegeben hatte, Student zu sein…) Ich: “Nicht in Indien” Er: “Und sonst?” Ich: “Äääähhh…nein!” Er: “Student. So, so… Welche Studienrichtung?” Ich (völlig aus dem Konzept, weil ich nicht mit diesen Fragen gerechnet habe): “Äääähhhh… Ich weiss nicht… Vielleicht Wirtschaft?!” Er: “Ok, gute Reise” Uffff, Glück gehabt!
  • Nachdem man dann noch die Kontrolle des Handgepäcks geschafft hat, welche ebenfalls extrem streng ist (Nicola musste den gesamten Rucksack auspacken, weil die Aufladekabel seines Notebooks Metall enthalten…ach ja? wirklich?), geht es im Restaurant munter weiter: Nachdem wir fertig gegessen haben, verlangten wir die Rechnung. Nach zehn Minuten ist sie immer noch nicht da (wir waren aber fast die einzigen Gäste)! Auf Nachfrage heisst es dann, dass die Schicht gerade gewechselt habe und man nicht gewusst habe, dass wir zahlen möchten. Also warten wir noch einmal fünf Minuten. Als dann immer noch nichts geschieht, fragen wir ein weiteres Mal nach. Antwort: “Was bitte haben Sie denn gegessen und wieviel müssen sie bezahlen?” Aber hallo?!?! Sollen wir eventuell auch noch selbst abräumen und abwaschen? Vielleicht dann noch andere Gäste bedienen? Trinkgeld hat es dort definitiv keines gegeben!!
  • Der letzte Streich in Indien erfolgt dann in der Bar kurz vor Abflug, nachdem Jenny einen “Martini Rosso” (Liquor mit 15% Alkohol) bestellt hat. Kellner (kommt zurück): “Es tut mir leid, aber wir dürfen Martini Rosso nur gemischt in einem Cocktail verkaufen; nicht pur!” “Wieso?” “Pure Getränke von über 12% bedürfen dem Besitz eines Alkoholausweises!” Waaaaaaasssss?! Ist das ein Ausweis für Alkoholiker oder was? Das gibt es nur in Indien!!!

Damit wir uns vor unserer Weiterreise nach Indonesien noch etwas erholen können (und weil es in unserem RTW-Flugticket so “vorgeschrieben” ist Smiley), haben wir einen zweitägigen Aufenthalt in Singapur eingelegt. Dort wollten wir etwas nachholen, was wir bei unserem letzten Besuch vor drei Jahren aufgrund von Zeitmangel nicht “erledigen” konnten: dem weltberühmten Zoo mit seinen weissen Tigern einen Besuch abstatten (wenn wir schon keinen Tiger in Indien gesehen haben, müssen die armen Tiere halt dort hinhalten, wo sie nicht weglaufen können Smiley). Und der Zoo mit seinen teilweise begehbaren Gehegen und der grossen Tiervielfalt hat uns nicht enttäuscht! Die restliche verfügbare Zeit haben wir dazu genutzt, Rindfleisch und Fisch zu essen! Konkret: wir waren im Burger King und im Sushi-Restaurant Smiley Und es gibt sogar noch eine kleine Anekdote aus dem “perfekten” Singapur: als wir um 21:00 Abends bei dem vorreservierten Hostel ankamen, hat uns auf unser Geklingel am Einfahrtstor niemand geantwortet. Da wir dadurch verunsichert waren und vor dem Haus gleich nebenan ca. 100 Paar Schuhe standen, haben wir einfach einmal dort geklingelt. Die Dame, welche uns die Tür öffnete, erklärte uns in sehr gefasster Weise, dass das Hostel nebenan sei und wir einmal an der Türe nachsehen sollten, ob nicht eine Nachricht da sei (es schien uns, dass wir nicht die ersten “fehlgeleiteten” Gäste waren). Und tatsächlich: in einem versteckten Winkel neben der Haustür (das Gartentor war offen) fanden wir eine Notiz und den Hausschlüssel Smiley

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