Südkorea (Seoul) by Nicola: “Grenzerfahrung” im Land der Freundlichkeit

Weil die erlaubte Dauer unseres Chinavisums (30 Tage pro Aufenthalt) praktisch vorüber war, mussten (bzw. durften Smiley ) wir das Reich der Mitte für einige Tage verlassen. Da wir von anderen Reisenden gehört hatten, dass Seoul eine sehr lebenswerte asiatische Stadt sein soll, haben wir beschlossen, Südkorea einen einwöchigen Besuch abzustatten. Und wir sind nicht enttäuscht worden…

Das alles verbindende Element, welches einen Trip nach Südkorea bzw. Seoul generell (und speziell nach vier Wochen China) empfehlenswert macht, sind die Menschen hier: sie sind sehr hilfsbereit und zuvorkommend und dies, obwohl Englisch nicht weiter verbreitet ist als in China; darüber hinaus sind alle extrem freundlich, teilweise fast schon etwas ängstlich und zurückhaltend (im positiven Sinne). Kein Geschiebe beim Anstehen, keine ungezogenen Kinder, kein Gespucke…

Auch an Sehenswürdigkeiten hat die Stadt so einiges zu bieten, wobei unser eigentliches „Highlight“ etwas makaberer Natur ist: Seoul ist nur einige Dutzend Kilometer von der Grenze zu Nordkorea entfernt. Dort stehen sich seit Jahrzenten Soldaten der beiden Länder gegenüber, jederzeit bereit für den Ernstfall. Trotz immer wieder auftretender Zwischenfälle, kann man die „Demilitarisierte Zone“ (4 Kilometer breiter Streifen ohne bewaffnete „Bewohner“) mit ihren diversen Sehenswürdigkeiten (Aussichts- bzw. Beobachtungspunkt der südkoreanischen Streitkräfte; in jüngerer Zeit entdeckter Tunnel, welcher von Nordkorea zwecks Invasionsplänen gegraben wurde; letzter Bahnhof auf südkoreanischem Boden) besichtigen. Wir als Nicht-Koreaner hatten gegen einen Aufpreis sogar die Möglichkeit, die sogenannte „Joint Security Area“ (hier verläuft die „bewaffnete Grenze“ ohne entmilitarisierte Zone dazwischen; diese Einrichtung dient primär dazu, Verhandlungen zwischen Nord und Süd unter Aufsicht der UNO – vertreten durch schwedische und SCHWEIZER Soldaten – zu führen) zu betreten, allerdings nur in Begleitung von zwei Mitgliedern der US-Army und unter Beachtung strenger Vorschriften (nach dem Aussteigen aus dem schusssicheren Bus immer in Zweierkolonne marschieren und nicht anhalten, die Vorderseite des Körpers wenn möglich immer in Richtung Nordkorea, keine „Kommunikation“ jeglicher Art mit nordkoreanischen Soldaten, Tragen von Dreiviertelhosen, etc.). Dafür können wir nun behaupten, für einige Sekunden nordkoreanischen Boden betreten zu haben und eingehend von den nordkoreanischen Grenzposten beobachtet worden zu sein (mit Ferngläsern, welche sie so gut nie absetzen; soll nach Aussage eines US-Soldaten anscheinend der Einschüchterung dienen). Wir geben ja zu, dass dies eine ziemlich zweifelhafte „Ehre“ ist, interessant war es aber trotzdem Smiley.

Da Korea schon vor den Zeiten der Kim-Jong-Dynastie das Pech hatte, nicht mit Frieden gesegnet zu sein, war auch ein zweites Monument kriegerischer Natur: die Japaner haben im Laufe der Koreakriege diverse Gefängnisse errichtet, welche für die Einkerkerung, Folter oder gar Eliminierung der koreanischen Aufständischen genutzt wurden (die Koreaner wurden von den Japanern gejagt, wie die Juden von den Nazis). Um diese schrecklichen Geschehnisse im Bewusstsein der Menschen zu halten, kann man einige dieser Institutionen (ähnlich den KZs in Europa) heute besichtigen.

Wenn man die nahe Grenze und die unschöne Vergangenheit einmal beiseitelässt, hat Seoul als verhältnismässig „junge“ Stadt auch so einiges an architektonischen Sehenswürdigkeiten zu bieten: einer der Flüsse, welche die modernsten Viertel der Stadt durchquert, wurde erst kürzlich in einem gross angelegten Milliardenprojekt wieder freigelegt und renaturiert, was einen sehr eindrücklichen Kontrast zwischen Natur und Moderne kreiert. Es existieren auch diverse Viertel, bei welchen Kunst und Architektur in spezieller Weise verbunden wurden. Grund für den zunehmenden Einfluss der schönen Künste findet man unter anderem in den diversen (und angeblich sehr renommierten) Kunstuniversitäten der Stadt. Zumindest in den direkt angrenzenden Vierteln kann man die kreative Energie schon fast mit der Hand greifen (unzählige Bands und Artisten treten den ganzen Tag über gratis vor Publikum auf)…

Von so viel Tatendrang und Optimismus angeregt, haben auch wir uns zu einer romantischen Bekundung inspirieren lassen und bei den „Liebesbäumchen“ auf Seouls Hausberg (Gittergestelle in Form von Tannenbäumen bei welchen verliebte Pärchen über die Jahre hinweg Vorhängeschlösser als Symbol ihrer Verbindung „angekettet“ haben) zwei Schlösschen angebracht (an alle, welche irgendwelche „Wetten“ diesbezüglich laufen haben: nein, verlobt sind wir trotzdem nicht Smiley ).

An unserem letzten Tag in Südkorea haben wir uns auch noch eine sehr eindrückliche Taekwondo- (koreanische Kampfsportart) und Tanz-Show angesehen.

Obwohl Südkorea und seine Einwohner schon fast „westlich“ sind, haben wir auch hier viele interessante und skurrile Dinge entdeckt. Aber urteilt selbst:

– Auch Südkoreaner unterliegen in gewissen Punkten dem „Gruppenphänomen“, welches wir bereits bei den Chinesen entdeckt haben. So kann man, mangels Kirchen und grosser Restaurants, seine Hochzeit auf einem speziell dafür eingerichteten Stockwerk eines Warenhauses (es gibt Kapellen, Restaurants, Ballsäle, etc.) feiern. Um das Ganze effizient zu gestalten, wird natürlich im Turnus geheiratet und gefeiert (eine Gesellschaft ist in der Kapelle, eine zweite beim Festmahl, etc.).

– Der koreanische Volkssport heisst nicht Fussball, Tennis, Leichtathletik, etc. sondern „Star Craft“. Für alle, welche mit diesem Begriff nichts anfangen können: Bei Star Craft handelt es sich um ein Computerspiel. Die besten Spieler sind hier aber nicht nur im Internet bekannt, sondern treten in riesigen Stadien vor hunderten Zuschauern gegeneinander an, begleitet von Kommentatoren und Fernsehkameras (es gibt auch Live-Übertragungen im Fernsehen).

– Der letzte Modeschrei scheinen hier Gummistiefel zu sein; egal ob zum Minirock, zur Hose oder zu Hotpants; ein paar quietschbunter „Festivalschuhe“ darf hier nicht fehlen…

– Das koreanische Essen ist höllisch scharf! Egal ob Nudeln oder eine Form des einheimischen „Tischgrills“; alles wird in einer sehr pikanten Chillisauce serviert und brennt vom Verzehr, über das Verdauen, bis hin zum Toilettengang. Gegessen wird in Korea selbstverständlich auch mit Stäbchen. Im Gegensatz zu ihren chinesischen „Artgenossen“ sind diese jedoch abgeflacht und aus Metall, was das Essen von Nudeln zu einer wahren Herausforderung macht, obwohl wir inzwischen ziemlich routinierte Stäbchen-Esser sind.

– Das Nachtleben in Seoul hat neben Restaurants, Bars und Clubs wie wir sie aus der Schweiz kennen, auch eine etwas andere Form von Lokalitäten zu bieten: bei den „Bar-Clubs“ handelt es sich um eine Art Lounge, bei welcher jede Gruppe von Gästen einen Tisch „mietet“, indem sie mindestens eine Flasche Alkohol inklusive Snacks bestellt (alles zu sehr gemässigten Preisen). Im Gegensatz zu den Schweizer Pendants wird hier jedoch nicht zur (sehr lauten) Musik getanzt, sondern eher „socialising“ betrieben. D.h., insbesondere Männer gehen bevorzugt in solche Lokale, nehmen sich einen Tisch (mit Flasche) und lassen sich von den Türstehern hübsche Damen bringen (keine Prostituierten!), welche ihnen im Tausch gegen Speis und Trank Gesellschaft leisten. Dass dies auch in eine völlig andere Richtung funktionieren kann (Dame reserviert Tisch mit Flasche und zeigt Interesse an anderer Frau), hat Jenny sehr eindrücklich am eigenen Leib erfahren Smiley

– Wir als Anhänger der Marke Samsung haben uns schon eine Weile auf Seoul und seine Techniksupermärkte gefreut. Schliesslich haben wir gehofft, hier ein Gerät der südkoreanischen Marke zum Schnäppchenpreis zu ergattern. Leider weit gefehlt: Erstens sind die technischen Wunderstücke fast so teuer wie bei uns und zweitens wird einem der Kauf durch den Aufbau der Technikmärkte gründlich vermiest: Ein entsprechendes Warenhaus besteht hier zwar aus sieben Stöcken (das Paradies eines jeden Mannes, könnte man denken), leider funktioniert aber hier alles nach einem „Basar-Prinzip“. D.h., es hat zahllose kleine Läden mit ihrer eigenen Auslage…Preise sind Verhandlungssache und eine logische Sortierung (z.B. ein Stock für TV, einer für Mobilkommunikation, etc.) existiert auch nicht.

Shanghai by Nicola: Welcome to Shanghai(ss)

Nach unserem einwöchigen Erholungsurlaub stand unser nächster Trip in eine Grossstadt Chinas an: Shanghai, eine der am schnellsten wachsenden Metropolen der Welt, ist eine Stadt der Superlative in vielen Punkten. Mehr als 19 Millionen Einwohner, eine beeindruckende Skyline, die höchste Aussichtsplattform der Welt, das grösste U-Bahnnetzwerk der Welt, der fünftgrösste Flughafen der Welt (nur einer von Zweien; ein Dritter ist in Planung), etc. Nun, zumindest in unserem Falle sollte Shanghai auch bezüglich den klimatischen Verhältnissen in Erinnerung bleiben: Als wir morgens um 02:00 gelandet sind, herrschten 31 Grad und gefühlte 90% Luftfeuchtigkeit. Da sich dies während unseres gesamten Aufenthaltes nicht wirklich verändern sollte, sind wir während fünf Tagen zu mobilen „Luftbefeuchtern“ mutiert Smiley

Entsprechend haben wir versucht, unser „anstrengendes Outdoor-Sightseeing“ – sprich unklimatisiert – auf zwei Tage zu beschränken: Wir waren am „Bund“ (alter Stadtteil am Fluss mit erhaltenen Gebäuden aus der Kolonialzeit; hervorragender Blick auf die Skyline des modernen Finanzbezirks Pudong), haben den Yangtze mit einer kitschigen „U-Bahn“ unterquert und sind zur höchsten Aussichtsplattform der Welt (492m; inklusive Glasboden) im 101 Stock des World Financial Centers gefahren, um den Sonnenuntergang und den Einbruch der Dunkelheit zu beobachten. Den zweiten Tag haben wir genutzt, um den Yu Garten und den Volksplatz zu besichtigen und in den kleinen Läden (verkaufen bspw. lustige Nagelknipser, Handy-Schmuck, gefälschte Pässe und Führerscheine und natürlich jede Menge „original“ Markenkleidung, welche mit Hilfe von Schaufensterpuppen mit riesigen Augen feilgeboten werden, etc.) eines riesigen „Untergrund-Einkaufszentrums“ in der grössten U-Bahn-Station (es treffen zwar „nur“ drei Linien aufeinander, aber irgendwie haben es die Stadtplaner geschafft, die Ausdehnung der Station so gigantisch zu gestalten, dass locker 10 Linien hier zusammentreffen könnten) geschmökert.

Der klimatisch angenehmere Teil unserer Städtebesichtigung (drinnen) bestand aus dem sehr empfehlenswerten „Shanghai Urban Planning Exhibition Center“ (man findet hier ein hallenfüllendes Modell der gesamten bestehenden und geplanten Stadt und kann an einer virtuellen Stadtführung in einem IMAX-Kino „teilnehmen“), der atemberaubenden Akrobatik-Show „ERA“ (bessere Artisten sieht man unserer Meinung nach nirgends auf der Welt; von Schlangenmenschen über Martial-Arts-Experten bis hin zu acht Motocrossfahrern, welche gleichzeitig (!!!) in einer Stahlgitterkugel mit ca. 5 Metern Durchmesser um die Wette fahren) und dem eher enttäuschenden Nachtleben (besteht hauptsächlich aus Expats mit ihren chinesischen Gespielinnen und Studenten der Oberklasseunis).

Das letzte (Shang)Highlight bietet sich einem, wenn man zum Flughafen fährt. Gegen einen Aufpreis von knapp sieben Franken kann man nämlich die Hochgeschwindigkeits-Magnetschwebebahn nehmen, welche auf 430 Km/h beschleunigt und die 36 Kilometer lange Strecke in acht Minuten zurücklegt.

Auch in Shanghai sind uns zwei sehr gewöhnungsbedürftige „Phänomene“ begegnet, welche wir in unsere Kuriositäten einreihen möchten:

– Flüge innerhalb Chinas zu buchen (egal ob inländische oder internationale), kann sich zu einer nervenaufreibenden und teuren Angelegenheit entwickeln: Da wir nach unserem Shanghai-Aufenthalt aus Visumsgründen aus China ausreisen müssen (pro Aufenthalt dürfen wir maximal 30 Tage im Land bleiben), versuchen wir seit mehreren Wochen einen Flug nach Seoul zu ergattern. Im Internet werden diese Flüge von zahlreichen Anbietern (nicht nur chinesische) angeboten und man kann sie dann auch ganz normal buchen, erhält innerhalb von 12 Stunden aber von praktisch allen Anbietern eine Absage oder aber die Aufforderung, 60 Euro mehr pro Person zu bezahlen. Die Begründung: der Flug sei ausgebucht oder die gewählte Sitzkategorie nicht mehr verfügbar. Was dabei besonders frustrierend ist: Obwohl die Portale den Flug nicht mehr zu den genannten Konditionen anbieten können, lassen sie das Online-Angebot unverändert stehen (und zwar auch die deutschsprachigen Anbieter!!!)… Manchmal wünschen wir uns hier wirklich das EU-Fluggastrecht!

– Eine angeblich weitverbreitete Art, Touristen zu überteuerten Teehäusern zu locken besteht darin, dass junge und vornehmlich weibliche „Studentinnen“ mit dem ahnungslosen Opfer ins Gespräch kommen und fragen, ob man(n) nicht mit ihm/ihr etwas trinken und ein bisschen quatschen möchte. Da sich diese Lockvögel zumeist (männliche) Alleinreisende zum Ziel nehmen, wurden wir bis Shanghai verschont. Dort aber wurde die Methode „weiterentwickelt“ und erreicht ein neues Level: ein angebliches Pärchen sprach uns an und bat uns zuerst ein Foto von ihnen (vor einem völlig hässlichen und überhaupt nicht bekannten Hochhaus) zu schiessen. Dann wurden wir in ein Gespräch verwickelt in dessen Verlauf wir darauf aufmerksam gemacht wurden, dass zur Zeit die „weltbekannte Shanghaier Teeausstellung“ sei und man diese doch gemeinsam besuchen könne. Zum Glück haben uns das unsinnige Foto und die Beharrlichkeit, mit welcher auf die Teemesse hingewiesen wurde, frühzeitig gewarnt.

Sha(a)nxi by Nicola: Der Kluge reist im Zuge…oder vielleicht etwa doch nicht?

Nun, den ersten Teil dieses Satzes dachten wir uns auch (noch), als wir in Peking die Bahntickets für unsere Reise durch Zentralchina buchen wollten. Dank einer freundlichen und sehr kompetenten Hostelmitarbeiterin waren die Fahrkarten rasch organisiert, auch wenn uns ihr fast schon entsetzter Blick bei der Reservation von Sitzplätzen für die erste Fahrt von Peking nach Datong (sechseinhalb Stunden), verbunden mit der Tatsache, dass chinesische Züge (bis auf eben diese Sitzplätze) in der Regel 6 bis 7 Tage im Voraus bereits ausverkauft sind, eigentlich hätte zögern lassen sollen.

Da die chinesische Bahn als verhältnismässig pünktlich gilt und der Verkehr in Peking mörderisch ist, haben wir uns (ganz nach Schweizer Manier) am Tag unserer Abreise sehr zeitig auf den Weg zum Bahnhof (einer von vier) gemacht. Dort angekommen, haben wir als erstes auf der Anzeigetafel lesen müssen, dass von geschätzt 200 Zügen zwar tatsächlich nur drei mit Verspätung erwartet wurden, einer davon aber unserer war… Die drei Stunden zusätzliche Wartezeit waren dann dank Beobachtung des äusserst unterhaltsamen Treibens recht kurzweilig und unser Zug wurde schliesslich endlich aufgerufen. Wir waren auch nicht weiter erstaunt, als beim Aufruf sofort alle chinesischen Fahrgäste aufgesprungen und zum „Gate“ (chinesische Bahnhöfe funktionieren ähnlich wie Flughäfen; sogar inklusive Pass- und Gepäckkontrolle) gerannt sind (machen die nämlich immer so; egal ob im Flugzeug, in der U-Bahn oder im Bus). Wären wir mal lieber nicht so naiv gewesen… Im Gegensatz zu den Schlaf- und Liegewagen, für welche genau nur so viele Tickets verkauft werden, wie Betten zur Verfügung stehen, verdient der „Sitzbereich“ diesen Namen nicht, da die Anzahl der verkauften Fahrkarten hier in keiner Relation zum Platzangebot zu stehen scheint… Man stelle sich einen Schweizer Zug von Zürich nach Winterthur an einem Wochentag zwischen 16:00 und 17:00 vor, multipliziere die Anzahl der Passagiere (stehend und sitzend) mit drei und addiere die Fläche der Gepäckablage und der Kopflehnen (für alles Mögliche genutzt) hinzu…et voila, man hat die Auslastung eines chinesischen Abteils. Wer nun hofft, dass nach der ersten Station viele Leute aussteigen (was im Beispiel Zürich-Winterthur ja auch der Fall wäre), der wird immer wieder eines besseren belehrt… Unsere Meinung, dass Araber eine unübertreffliche Fähigkeit im Vollstopfen von Fahrzeugen haben, wurde erfolgreich wiederlegt!

Dank einer Sitzreservation (haben die meisten aus Kostengründen nicht) und der Unterstützung von Einheimischen, welche höchstwahrscheinlich Mitleid mit den rucksackbepackten Westlern hatten, haben wir die lange Fahrt trotzdem einigermassen gut überstanden und sind gut in Datong angekommen. Dort haben wir einige sehr interessante buddhistische Höhlentempel (Yungang-Caves) aus dem vierten Jahrhundert vor Christus angeschaut, bevor wir mit dem Bus nach Wutai Shan, einer sehr bekannten, riesigen buddhistischen Klosteranlage (besteht aus mehr als 60 Tempeln) in den Bergen von Shanxi (Name der Provinz, in welcher sowohl Datong, wie auch Wutai Shan liegen) weitergefahren sind.

Leider war das Wetter in den Bergen nicht auf unserer Seite (es hat praktisch immer geregnet). Da Wutai Shan auch sonst nicht gerade der Place-to-be ist (abgesehen von einigen wenigen „buddhistischen“ Reisegruppen verirrt sich kein Chinese hierher, ganz zu schweigen von ausländischen Touristen), konnten wir uns etwas erholen und die wichtigsten Tempel in Ruhe angucken, bevor es mit dem Nachtzug weiter nach Pingyao ging (dank „soft sleeper“, d.h. Bett im 4-Bett-Abteil MIT Türe, verlief diese Fahrt recht angenehm).

In Pingyao gibt es keine speziellen Sehenswürdigkeiten. Die Stadt selbst ist hier das Highlight, da sie architektonisch so gestaltet ist, wie sich der durchschnittliche Westler eine (traditionelle) chinesische Stadt vorstellt: asiatische Häuschen mit abgeschotteten und grosszügigen Innenhöfen, schmale Gässchen mit Fahrrädern (keine Autos oder Motorräder!), etc.

Xian, unser letztes Ziel (und Hauptstadt der Provinz Shaanxi, nicht zu verwechseln mit Shanxi), erreichten wir wiederum mit dem Nachtzug, wobei wir unser Quartier dieses Mal im „hard sleeper“ bezogen: jedes „Abteil“ besteht aus sechs Betten (dreistöckig auf beiden Seiten), Türen gibt es keine. Dank „chinesischem Anstand“ und chinesischem Anstand (siehe weiter unten für Erläuterungen) nicht gerade die erholsamste Nacht, nichtsdestotrotz aber tausendmal besser als ein Sitzplatz J Xian selbst ist wieder vergleichsweise beliebt bei Touristen, da man hier die Terrakotta-Armee gesehen haben muss. Diese Legion aus Soldaten-Nachbildungen wurde vom ersten chinesischen Kaiser in Auftrag gegeben und sollte ihm auch über seinen Tod hinaus die Kontrolle über ein gewaltiges Heer garantieren. Da die Grabanlage inklusive der tausenden von Figuren durch seine Nachfolger aber zerstört und erst vor ein paar Jahren von Bauern entdeckt wurde, werden die Ausgrabungen (welche man live vor Ort mit verfolgen kann) wohl noch Jahre dauern (jede Figur ist ein Unikat; das Ausgraben und Zusammensetzen der einzelnen Teile dauert pro Soldat ca. 6 Monate!).

Abschliessend möchten wir natürlich auch unseren „Kuriositäten-Teil“ auf dem neusten Stand halten:

– „Chinesischer Anstand“ (nicht zu verwechseln mit chinesischem Anstand; siehe unten): Eigentlich ein Oxymoron, da schlicht nicht vorhanden. Man macht überall und jederzeit Fotos von allem (ist ja kein Problem) und JEDEM (!!!) und zwar meistens ohne vorher zu fragen (vor allem Jenny ist bei Männern wie Frauen ein beliebtes Motiv); gespuckt wird was das Zeug hält, auch dort, wo es eigentlich verboten ist (Bahnhöfe, etc.); lautstarkes Schmatzen (und zwar wirklich laut!) gehört beim Essen dazu, auch für Nahrungsmittel, welche dies NICHT erfordern (wenn man Nudeln mit Stäbchen isst, ist Schmatzen evtl. ja noch normal…); Nachtruhe im „hard sleeper“ gibt es frühestens eine halbe Stunde nachdem das Licht ausgeschaltet wurde (normalerweise gegen 23:00) und maximal bis es wieder eingeschaltet wird (ca. morgens um fünf), vorher und nachher wird munter palavert, gegessen und gespuckt (ja, auch im Zug). Und auch während der Nacht werden Anrufe aufs Handy selbstverständlich (lautstark) entgegengenommen

– Chinesischer Anstand: Kommen wir zu dem Teil Anstand, der auch als solcher bezeichnet werden kann und starke Ähnlichkeiten mit typisch Schweizerischen Zügen aufweist: dem Nichts-sagen! Obwohl sich ihre Landsleute teilweise völlig daneben benehmen (siehe oben), beschwert sich keiner der Betroffenen in irgendeiner Weise, d.h. die Störenfriede können völlig unbehelligt ihr Unwesen treiben. Einziger Vorteil bei dem Ganzen: Hat man sich erst einmal an alles gewöhnt, beginnt man selbst Dinge zu tun, welche man zu Hause aufgrund guten Anstandes evtl. unterlassen würde (z.B. ungefragt Fotos von anderen Leuten zu machen; bspw. von Babys mit „gelochten“ Hosen; siehe Jenny’s Beitrag)

– Erziehung = Fehlanzeige (auch „1-Kind-Politik“ genannt): Eine Steigerung des oben erläuterten „chinesischen Anstands“ findet sich bei den Kindern: Da es bis vor einigen Jahren nicht erlaubt war, mehr als ein Kind zu haben (inzwischen zwar legal, wird aber finanziell immer noch bestraft), geniessen die gezeugten Nachkommen bei fast allen Familien wahrlich einen Prinze(essinne)n-Status. Sie bekommen, was sie wollen und werden praktisch nie zurechtgewiesen (Beispiel gefällig: kleiner Junge auf der Supermarkt-Toilette steht ca. einen Meter vom Pissoir entfernt und spielt „Schüssel-Treffen“; natürlich nur mit mässigem Erfolg, so dass „das Geschäft“ grösstenteils am Boden landet…der Papa, welcher daneben steht, verliert darüber kein Wort…)

– Zensur: Zeitungen sind – abgesehen von englischen Übersetzungen der grössten staatlichen Blätter – nur in Chinesisch erhältlich, berichten sehr objektiv („in Syrien demonstrieren ein paar Studenten gegen die Regierung. Ist aber alles nicht tragisch“) oder überhaupt nicht bezüglich ausländischen Angelegenheiten, die rund 30 staatlichen TV-Sender informieren vor allem über wirklich wichtige Dinge („in Peking haben 2 Studenten die XY-Uni in 2.5 Jahren statt der normalen vier abgeschlossen“) und nicht über das Nebensächliche („die 2, 3 kleinen Überschwemmungen im Süden des Landes sind nicht weiter schlimm). Alles hat eben seine Richtigkeit (Anmerkung: Wer Ironie findet, darf sie behalten)

– Geldbeschaffung in ländlichen Gebieten: „Visa? Mastel-Cald? No, no.“ „Dann möchten wir Dollar wechseln.“ “US-Dollal? No, no.” „Gibt es denn eine andere Bank in der Nähe?“ „Othel Bank? No, no.“ Fazit der Geldbeschaffung auf dem Lande: „No, no.“

Peking by Nicola: Ente gut, alles gut?

Nach einem knappen Monat unterwegs sind wir nun also im Reich der Mitte, unserem ersten Reiseschwerpunkt (insgesamt werden wir voraussichtlich 8 Wochen in China verbringen), eingereist. Die Einreise verlief überraschend reibungslos (die Chinesen haben die unterschiedlichsten Kontrollen, welche man durchlaufen muss; unter anderem sogar eine Messung der Körpertemperatur!) und wir waren überrascht von der Sauberkeit und der Organisation der Menschen in Peking. Die Einzigen Dinge, welche auf den ersten Blick negativ auffallen, sind der mörderische Verkehr (es gilt das „Recht des Stärkeren“, selbst Ambulanzen mit Blaulicht werden nicht vorgelassen und todkranke Patienten erreichen das Spital wahrscheinlich nicht mehr lebendig…) und der enorme Smog (egal ob Regen oder hellster Sonnenschein, die Sicht ist immer „vernebelt“ und reicht selten weiter als ein paar Dutzend Meter).

Und was macht man während fünf Tagen in Peking? Die „Hutongs“ besichtigen (typisch chinesische Viertel mit ursprünglichen Gebäuden, welche heute oft unter Denkmalschutz stehen; unser Hostel lag in einem solchen Bezirk), viel U-Bahn fahren (zumindest auf den populären „Touri-Linien“ sehr modern und auch in Englisch angeschrieben), noch viel mehr zu Fuss gehen (Besichtigung des Sommerpalastes, des Platz des himmlischen Friedens und der verbotenen Stadt), Berge besteigen (kam uns auf der grossen Mauer zumindest so vor, da die Steigungen teilweise extrem sind) und natürlich alle möglichen Dinge essen (Raupen, Tintenfische, „stinkender Tofu“, etc.; man beachte hierzu auch den demnächst folgenden Beitrag über das Essen bzw. unsere immer aktuell gehaltene Rubrik dazu).

Speziell der weltbekannten Pekingente kommt hierbei natürlich eine ganz zentrale Rolle zu. Wo, wenn nicht hier, soll man diese essen? Also haben wir uns auf die Suche nach einem typischen Restaurant gemacht, welches die Ente noch nach dem traditionellen Verfahren zubereitet. Das Tier wird dabei (nach dem Braten) vor den Augen des Gastes zerlegt und in verschiedenen Gängen serviert: die knusprige Haut wird direkt verspiesen, das Fleisch in eine Sauce getunkt und in ein Omelett gewickelt, das Blut als Zutat einer (nicht so dollen) Suppe serviert und das Gehirn direkt aus dem Schädel gepickt. Abgesehen vom Gehirn (geschmackslos) und der Suppe (schmeckt nur nach Fett) hat es uns sehr gut gemundet und wir haben sogar ein Zertifikat erhalten, welches die Echtheit unserer Pekingente (im Sinne der konformen Aufzucht) bestätigt (kein Witz).

Zum Abschluss dieses Beitrags möchten wir noch einige skurrile Dinge erwähnen, welche wir so erlebt haben und für uns (noch) nicht ganz verständlich sind:

· Um sich körperlich in Schuss zu halten, trifft sich jedermann (bzw. -frau), egal ob alt oder jung, egal ob reich oder arm, zwei Mal täglich zum öffentlichen „Gruppentanz“ (wahrscheinlich eine Mischung aus Tajji und Tanz, für uns aber nicht erkennbar J )

· Da in China Windeln anscheinend zu teuer sind (reine Spekulation von unserer Seite), tragen Babys und Kleinkinder keine… Weshalb wir das wissen? Die Kleinen tragen Hosen mit Öffnungen zur Verrichtung ihrer Geschäfte am Ort, an welchem sie sich gerade befinden… Ihr glaubt uns nicht? Wir liefern einen Fotobeweis, sobald sich die Gelegenheit dazu ergibt

· Obwohl man als Ausländer in Peking nicht ganz so extrem angestarrt wird, wie wir das erwartet hätten, kann es vorkommen, dass man mehr oder weniger öffentlich ausgelacht wird. So geschehen an der Kaffeebar eines Supermarktes: Verkäuferin spricht kein Englisch, versteht Jennys Chinesisch nicht (oder will es nicht verstehen) = Kommunikation kommt zum erliegen. Was geschieht? Die gute Frau kriegt einen Lachanfall, von welchem sie sich für die nächsten 40 Sekunden nicht mehr erholen sollte und dies, obwohl hinter uns noch viele andere Gäste anstehen

· Wir wissen nun, von welchen Wörtern bzw. welchem Satz der Begriff „Sehenswürdigkeit“ abstammt: SEHENSWÜRDeIchGernewenneinemöglichKEITdazubestünde!!! Monumente, Parks, etc. sind in China zumeist so stark frequentiert, dass man sich seinen Weg im wahrsten Sinne des Wortes „durch die Menge bahnen“ muss. Von Fotos OHNE fremde Menschen kann man sowieso nur träumen…

· Chinesen sind generell freundliche, aufgeschlossene und sehr hilfsbereite Menschen. Das Wort „Anstellen“ (in eine – meist nicht existente – Schlange) scheint jedoch im Wortschatz nicht vorhanden zu sein. Egal ob vor Sehenswürdigkeiten, in der U-Bahn oder im Supermarkt: wie auf der Strasse herrscht hier nur das Recht des Stärkeren… Aber glücklicherweise sind wir ja Europäer (und damit im Schnitt 15 cm grösser als die Chinesen)

Mongolei by Nicola: Besser einmal mit eigenen Augen sehen, als tausendmal von anderen hören (mongol. Sprichwort)

Gut 2.75 Mio. Einwohner auf einer Fläche von mehr als 1.5 Mio. km2, durchschnittlich 13 Pferde pro Einwohner, Wüsten, Halbwüsten, Steppen, Berge, eine Hauptstadt mit irrem Verkehr und keinerlei Umweltbewusstsein, ein lediglich 2‘600 km umfassendes Strassennetz und eine glorreiche Vergangenheit…Die Mongolei, unsere nächste Destination, ist wahrlich ein vielfältiges Land mit zahlreichen Gegensätzen.

Die ersten Tage haben wir in der Hauptstadt Ulan Bator verbracht, um uns zu akklimatisieren, an das fettige mongolische Essen zu gewöhnen (es wird hier alles frittiert) und einen Anbieter für eine Wüstentour zu finden. In Ulan Bator selbst gibt es – abgesehen von einem grossen buddhistischen Kloster, in welchem nur Touristen Eintritt bezahlen müssen, einigen Museen und dem riesigen Regierungssitz – nicht viel zu sehen. Der Verkehr ist lebensgefährlich (im Vergleich zu den Mongolen sind sogar Araber noch rücksichtsvolle Autofahrer) und der Smog übel.

Wir waren deshalb froh, als wir endlich einige Mitreisewillige für eine zehntägige Tour in den Süden und Westen des Landes gefunden haben (je mehr Teilnehmer eine Tour hat, desto niedriger sind die Kosten) und aus Ulan Bator entfliehen konnten. Beim Bezahlen der Tour waren wir aufgrund der schwachen mongolischen Währung sogar für eine kurze Zeit Millionäre (ein Schweizerfranken entspricht ca. 1‘400 mongolischen Tugrik).

Zusammen mit Mungo, unserer Reiseleiterin und (exzellenten) Köchin, Dashka (Fahrer, welcher mit seinem alten russischen Van eine eheähnliche Beziehung zu führen scheint, da er ihn täglich gefühlte fünfmal reinigt, repariert und sogar in ihm schläft), einer Britin und zwei Franzosen sind wir losgezogen, um das riesige Land mit seinen zahlreichen Landschaftsformen zu erkunden. Wir haben verfallene Klöster im Nirgendwo erforscht (die Buddhisten mussten sich bis vor einigen Jahren vor den Kommunisten verstecken), 200 Meter hohe Dünen erklommen, Kamele (ja; sogar die „echten“ mit zwei Höckern) und Pferde gebändigt (das klingt schöner, als wenn wir von der „blutigen Wahrheit“, sprich unseren wunden Hinterteilen, schreiben würden J), Wasserfälle ohne Wasser besichtigt (Zitat eines Einheimischen: „Waterfall yes, water no“), vor der „Dusche“ in einem Fluss innerhalb der Gruppe um die Wette gestunken, mongolischen Airag (vergorene Stutenmilch; hat ca. 5%) getrunken, den (nicht so) „grossen Penis“ (Fels in Form eines männlichen Gliedes) besichtigt und vieles mehr.

Ein tägliches Highlight war dabei definitiv die Übernachtung: abgesehen von zwei Nächten haben wir immer in mongolischen Jurten geschlafen. Da die „Gastfamilien“ normalerweise selbst darin schlafen (wenn Touristen da sind, schlafen sie in der „Küchen-Jurte“), konnte man einen guten Eindruck in das (harte) Leben der ländlichen Bevölkerung gewinnen: Die Betten sind gleich hart wie der Boden, geheizt wird mit „Ausscheidungen“ unterschiedlicher (Tier-)Art (Kamele, Pferde, Ziegen, etc.), Toiletten sind – falls überhaupt vorhanden – einfache Löcher im Boden, umgeben von einer Bretterwand, der (höchstwahrscheinlich tollwütige) Wachhund bellt im schlechtesten Fall die ganze Nacht… Alles andere als komfortabel, aber wirklich ein Erlebnis, welches wir nur weiterempfehlen können!

Ein solches hatten wir dann auch bei unserer Ausreise aus der Mongolei: Nachdem das Einchecken und die Passkontrolle am Flughafen von Ulan Bator auf den ersten Blick reibungslos verlaufen sind, haben wir es uns in der überschaubaren Abflughalle (obwohl Ulan Bator knapp 1.5 Mio. Einwohner hat, gibt es am Flughafen lediglich ein (!!!!) Gate) gemütlich gemacht. Nach 10 Minuten erfolgte eine Durchsage mit unseren Namen und der Bitte, uns doch bitte am Gate 1 (wo denn sonst?) einzufinden. Am Treffpunkt nahm uns dann eine freundliche Angestellte des Flughafens in Empfang und führte uns in die Untergeschosse des Gebäudes. In der Gepäcksortieranlage (was sortieren die hier eigentlich, wenn es nur ein Gate gibt?) musste Jenny unter den Blicken von fünf Beamten und eines gelangweilten Drogenhundes (er benutzte das Gepäckförderband als Laufband) ihren Rucksack auspacken…Der Stein des Anstosses waren ihre Ohrringe! Dass wir ausserdem beide Medikamente, Taschenmesser, Pfefferspray, Spritzen, etc. dabei hatten, schien keinem aufzufallen bzw. hat niemanden interessiert. Spricht nicht gerade für den mongolischen Zoll…

Transsib & Irkutsk by Nicola: Findest du keine Babuschka, gibt’s eben Instant-Nudeln und Vodka

Das nächste Teilstück unserer Reise in Richtung Sibirien wollten wir mit dem legendären transsibirischen Zug zurücklegen. Dieser sollte Moskau am 29. Mai um 23:45 verlassen. Nun gibt es in Moskau fünf grosse Bahnhöfe, drei davon („unserer“ inklusive) sind am gleichen Ort… Da sich unsere Russischkenntnisse in der Zwischenzeit nicht wirklich verbessert haben, waren wir beim Auffinden unseres Zuges wieder einmal auf fremde Hilfe angewiesen, was fast dazu geführt hätte, dass wir wieder in St. Petersburg gelandet wären, statt wie geplant gen Osten zu fahren… Glücklicherweise hat uns ein äusserst zuvorkommender (und englischsprechender) Russe zwanzig Minuten vor Abfahrt darauf hingewiesen, dass unser Zug von einem der beiden anderen Bahnhöfe fährt.

Und so begann unsere gut dreitägige und knapp 5‘200 Kilometer lange Fahrt auf der längsten Bahnstrecke der Welt (würde man von Moskau bis nach Wladiwostok fahren, hätte man knapp 9‘300 Kilometer zurückgelegt). Da sich die Landschaft vor dem Fenster nicht gerade durch Abwechslung auszeichnete (kurz zusammengefasst: Wald, Wald, Wald und zur Abwechslung noch etwas Wald), hatten wir wunderbar Zeit, uns zu erholen und russische Spezialitäten zu kosten (sowohl in fester, wie auch flüssiger Form J ). Diese kauft man vorzugsweise bei älteren Damen (sog. Babuschkas) an den (ca. zweimal am Tag anzutreffenden) Bahnhöfen. Leider werden diese Frauen mittlerweile längst nicht mehr an allen Bahnhöfen toleriert, da sie eine Konkurrenz für die kleinen Supermärkte und Kioske darstellen, welche selbst leider jedoch nur Instant-Nudeln und trockene Kekse verkaufen…Und so kam es, dass auch wir des Öfteren mit dieser, unter Backpackern sehr verbreiteten „Nahrung“ Vorlieb nehmen mussten.

Nach knapp 78 Stunden haben wir dann unser letztes Ziel in Russland erreicht: Irkutsk. Diese Stadt hat – abgesehen von Plattenbauten aus der Sowjet-Zeit – praktisch keinerlei Sehenswürdigkeiten zu bieten, liegt aber verhältnismässig nahe am Baikalsee (tiefster Süsswassersee der Welt), welcher unser eigentliches Ziel war. Also schnell das Gepäck im Hostel deponiert, mit dem Bus aus Vorkriegszeit in das Stadtzentrum gefahren und dort in einen Minibus mit Ziel Lystwjanka gestiegen. Leider war uns das Wetter nicht besonders gut gesinnt (es hat leicht geregnet), weshalb die Sicht auf den See etwas getrübt war. Dafür haben wir „Omul“ – einen geräucherten Fisch, welcher auf diese Art nur am Baikalsee so zubereitet wird – gegessen und Fotos mit einer (nicht mehr ganz nüchternen) russischen Familie geschossen.

Da wir in unserem Hostel praktisch die einzigen Gäste waren und die Rezeptionistin nichts zu tun hatte, sind wir am Abend mit ihr und dem einzigen anderen Gast in eine russische Diskothek gefahren, wo wir rasch Bekanntschaft mit weiteren Einheimischen geschlossen und mit ihnen gefeiert haben (Vodka inklusive). Als die Party morgens um drei vorbei war, haben wir noch rasch unser Gepäck im Hostel abgeholt und sind wieder zum Bahnhof gefahren.

Die eineinhalbtägige Fahrt nach Ulan Bator in einem (im Vergleich zur russischen Bahn) unkomfortablen und nach Hühnchen stinkenden Zugabteil der transmongolischen Eisenbahn verlief, abgesehen von langen „Toiletten-Abstinenzen“ (die uralten WC’s wurden jeweil zehn Minuten vor Einfahrt in einen Bahnhof geschlossen), einer fünfstündigen russischen und einer zweistündigen mongolischen Zollkontrolle (Mongolen schmuggeln auf dem Weg in ihre Heimat extrem viele Lebensmittel), wobei man bei Letzterer (aus Diskretionsgründen) nicht einmal nach draussen schauen durfte, ereignislos.

Moskau by Nicola: Нет английский oder спасибо Google Goggles

Für alle, welche so wie wir der russischen Sprache nicht mächtig sind, hier die wörtliche Übersetzung: „Kein Englisch“ oder „Danke“ Google Goggles.

Dass viele Russen kein Englisch sprechen, ist uns bereits in St. Petersburg aufgefallen. Dass diese Tatsache aber wohl geschätzte 98% der Bevölkerung betrifft, ist uns erst in Moskau so richtig bewusst geworden. Egal ob Kellner im Restaurant, Verkäufer im Supermarkt oder Postbeamter; spricht man einen Russen auf Englisch an, ergreift er oft die Flucht oder ignoriert einen. Entsprechend gestalteten sich zahlreiche Tätigkeiten als kleine Herausforderungen: das Aufgeben eines Paketes auf der russischen Post kann beispielsweise schon einmal zwei volle Stunden in Anspruch nehmen; auch die Orientierung in der U-Bahn erfolgt lediglich dank simplem Abzählen der Stationen. Bei praktisch ausweglosen Situationen hat uns dann die Technik weitergeholfen: Mit Google Goggles kann man Schriften fotografieren, welche dann ins Englische übersetzt werden, vorausgesetzt natürlich, dass man mit dem Internet verbunden ist (dank russischer SIM-Card ist dies jedoch kein Problem; übrigens kostet ein MB Internet bei den hier erhältlichen SIM-Karten ganze 1.7 Rappen Smiley ).

Zusätzlich erschwert wird das Ganze durch das unlogische „Organisationssystem“ der Russen (welches eigentlich diesen Namen gar nicht verdient). Ein Beispiel: Möchte man die Waffenkammer innerhalb des Kremls anschauen, muss man dies während einer der fünfmal täglich stattfindenden „Séancen“ tun. Das Problem dabei: Die Tickets pro Séance sind anzahlmässig beschränkt und der Verkauf beginnt jeweils erst eine Dreiviertelstunde vor Beginn! Das Ticket-Office selbst befindet sich ausserdem ausserhalb der Kremlmauer (die Waffenkammer innerhalb), was a) äusserst weite Geh-Distanzen zur Folge hat (das Kreml-Areal ist riesig) und b) im dümmsten (und sehr wahrscheinlichen) Fall bedeutet, dass man den Eintritt für das Kreml-Areal selbst zweimal zu entrichten hat! Zum Glück haben wir ja Studentenrabatt Smiley

Als (positive) Ausnahme sind uns die jungen Russen aufgefallen, welche meist enorm hilfsbereit sind, unabhängig davon, ob sie Englisch sprechen/verstehen oder nicht. Sei dies im Supermarkt (es herrscht dort meistens keine Selbstbedienung, weshalb man sich mit Gesten verständigt: auf das gewünschte Objekt deuten und anschliessend mit den Fingern die Anzahl zeigen) oder im Media Markt, wo uns Sage und Schreibe sieben (!!!) Verkäufer bezüglich Fotokameras beraten wollten (obwohl nur zwei davon Englisch konnten Smiley )!

Sehr gut gefallen haben uns das Kreml-Areal mit seinen zahlreichen Kathedralen, der Waffenkammer und insbesondere der Diamanten-Sammlung (leider darf man dort nicht fotografieren; das Einhalten dieser Regel wird auch von einer kleinen Armee an Security-Leuten überwacht), der Rote Platz mit der Basilius-Kathedrale, sowie gewisse U-Bahn-Stationen (sind speziell pompös und aufwändig gebaut).

St. Petersburg by Nicola: Lange Nächte, High-Heels und teure Flaschen

Was für euch jetzt vielleicht klingt, als ob wir rauschende Partys gefeiert hätten, ist in Tat und Wahrheit die Beschreibung dreier Dinge, welche uns an St. Petersburg aufgefallen sind.

Dank der nördlichen Lage sind die Tage in St. Petersburg während den Sommermonaten erheblich länger als in der Schweiz: die Sonne geht „normal“ um ca. 05:30 auf, richtig dunkel wird es aber erst nach 23:00. Dank dieser Tatsache kann man auch einmal etwas länger schlafen und hat trotzdem noch etwas vom Tag Dies gilt insbesondere auch, wenn man die ganze Nacht von blutgierigen, nimmersatten Mücken geplagt worden ist oder die Tochter der russischen Bettnachbarin im Schlafsaal morgens um sechs während zweier Stunden ihre Haare bürstet J

Generell legen die Russinnen in St. Petersburg grossen Wert auf ihr Erscheinungsbild, wobei so manche Europäerin diesen Stil aufgrund von extrem hohen Absätzen und mindestens genau so kurzen Röck(ch)en wohl als anrüchig bezeichnen würde.

Genauso gewöhnungsbedürftig ist auch die Preisgestaltung in den Restaurants: Während eine Mahlzeit (Vorspeise und Hauptgang) im Durchschnitt pro Person etwa 20 – 30 Franken kostet, kann eine gewöhnliche Flasche Wasser das Budget schon einmal mit knapp 10 Franken belasten! Vodka und Bier wären da schon wesentlich billiger!

Natürlich haben wir die Zeit in St. Petersburg nicht nur mit essen und schlafen verbracht, sondern auch so einiges gesehen, wobei mir insbesondere die Auferstehungskirche, sowie der ehemalige Palast von Zar Peter (Peterhof) gefallen haben.

Von Russen, Mongolen und Chinesen

Nein, wir sind noch nicht unterwegs, auch wenn man dies aufgrund des Titels vermuten könnte… Aber ich (Nicola) hatte vor rund einer Woche meinen letzten Arbeitstag und die Abreise rückt unaufhaltsam näher! Noch 20 Tage! Ist das zu glauben? Naja, zumindest uns fällts noch ziemlich schwer, dies zu glauben.

Schwer fallen auch die Abschiede, welche nun regelmässig anstehen. Wir werden euch vermissen! Aber gleichzeitig steigt selbstverständlich auch die Vorfreude auf den baldigen Start. Und zusammen mit dem zunehmenden Vorbereitungsstress (es gibt ja noch soooooo viel zu tun), vergeht die Zeit nun rasend schnell…

Seit unserem letzen Artikel haben wir fleissig geshoppt (funktionelle Kleider; mal was ganz Neuse 🙂 ), unsere Reiseapotheke zusammengestellt (soviele Tabletten, wie wir dabei haben, würden ausreichen, um einen ganzen Wal flachzulegen), die Elektronik auf Vordermann gebracht und ergänzt (ICH würde sagen, dies ist das Allerwichtigste! Andere Leute mögen da aber anderer Meinung sein 🙂 ) und natürlich Visas organisiert (und noch vieles mehr, was wir euch aus Zeitgründen an dieser Stelle jedoch ersparen)!

Und tatataaaaaaaaaaaaaaa! Wir präsentieren stolz: unsere Visas für Russland, die Mongolei und China (bzw. zumindest die beiden für Russland und China; dasjenige für die Mongolei beansprucht leider eine eigene Seite…)!