Nach der Hitze der Emirate waren wir fast etwas geschockt, als wir in Mauritius das Flugzeug verliessen und uns „eisige“ 23 Grad entgegenschlugen. Das entsprach einer Halbierung der Temperatur innerhalb von sechs Stunden und wurde von uns so auch nicht erwartet, hat man als Westler doch von Mauritius ein Bild von Palmen, weissem Sand und türkisblauem Wasser unter der brennenden Sonne vor sich. Nun, abgesehen vom letzten Punkt entspricht alles exakt diesen Vorstellungen. Da der Inselstaat jedoch weit südlich des Äquators liegt, waren wir in Mitten des Winters dort, weshalb man sich über die oben erwähnte Temperatur dann eigentlich ja gar nicht beschweren kann.
Dass Mauritius aber noch viel mehr ist, als bloss die Insel der Honeymooner und Pauschaltouristen, wurde uns schon ziemlich schnell klar: mit einer Bevölkerung, deren Vorfahren grösstenteils indischen oder afrikanischen Ursprungs sind, ergibt sich ein sehr lebendiger, lauter und lebensfroher Mix. Dies macht sich in Gesprächen (Landessprache ist eine spezielle Form des Kreolischen, welche vor allem auf Französisch basiert; gleichzeitig wird aber von fast allen Personen auch Englisch gesprochen), beim Essen (indische, asiatische und kreolische Küche gehen Hand in Hand), aber auch im Verkehr stark bemerkbar. Gerade letzteres mussten wir auf die harte Tour herausfinden, als wir unseren Mietwagen übernommen haben: es wird wie in England links gefahren, die Strassenzustände entsprechen – abgesehen von der einzigen Autobahn der Insel – eher indischen Verhältnissen und Achsenbrüche dürften wohl die häufigsten Versicherungsfälle sein, es wird gehupt und ohne Licht gefahren, als ob man sich mitten in Tansania befinden würde und die teils wahnwitzigen Überholmanöver erinnern uns an den Fahrstil auf französisch besetzten Inseln.
Die erste Woche auf der Insel haben wir im Norden verbracht. Dieser gilt als ursprünglicher und rauer als der Süden und als weniger touristisch. Da es ziemlich windig war und man ja nicht jeden Tag nur am Strand liegen oder kitesurfen kann, haben wir die – teilweise auch etwas regnerischen Tage – dazu genutzt, die Insel mit unserem Mietwagen zu erkunden. Der erste Ausflug führte uns dabei in den „Casela-Abenteuerpark“. Was nach Achterbahnfahren und Zuckerwatte essen klingt, ist in Realität eigentlich ein besserer Zoo, wobei wir zugeben müssen, dass die Anlage sehr schön angelegt ist und einige Attraktionen in dieser Form bei uns nicht denkbar – oder überlebensfähig – wären: durch die Volieren der tropischen Vogelarten kann man selbst hindurchspazieren, die uralten Riesenschildkröten liegen, fressen oder stehen an jeder Ecke einfach so herum und Zebras, Antilopen, Strausse, Giraffen und auch den Nashörnern stattet man per offenem LKW ganz Safari-like einen Besuch ab. Das Highlight und der Hauptgrund für unseren Besuch war aber das Versprechen auf ein ganz anderes, ziemlich ausgefallenes Erlebnis: im Abenteuerpark kann man Löwen streicheln. Und ja, es handelt sich um voll ausgewachsene Exemplare, welche weder unter Narkose stehen, noch sonst wie ruhig gestellt werden: man wird beim Eingang des Geheges von den Tierpflegern, Dompteuren oder wie auch immer man die mutigen Männer nennen möchte abgeholt, mit einem langen Stock ausgestattet, muss eine Verzichtserklärung unterzeichnen (der Park haftet weder für Verletzungen noch Todesfälle) und alles bis auf die Kamera und den Stock draussen lassen. Anschliessend begibt man sich in der Gruppe ins Gehege, wo sich sechs ausgewachsene Löwen (ein Männchen, fünf Weibchen) im Alter von 2-3 Jahren tummeln. Während man sich in der Nähe eines Exemplars möglichst fotogen in Pose wirft (war gar nicht so einfach, wenn 150 Kilo Muskelmasse neben einem liegen), spricht der „Haupt-Dompteur“ mit dominanter Stimme beruhigend auf das Tier ein. Die restlichen Bewacher halten das übrige Rudel im Überblick. Das Ganze funktioniert übrigens nur, weil die Löwen nach der Geburt täglich in engstem Kontakt mit ihren Betreuern stehen und diese kennen. Da die Wärter die Gehege nur mit Stöcken betreten, ist der stockausgestattete Tourist für die Löwen auf den ersten Blick nicht als solcher erkennbar und fällt darum nicht unbedingt in die Kategorie „Fressen“. Fazit: wir haben alle überlebt und Löwe fühlt sich an wie struppiger Hund.
Ganga Talao, unser nächstes Ausflugsziel, ist zwar nicht ganz so adrenalinfördernd, deshalb aber nicht minder speziell: ausgewanderte Hindus haben im Hochland von Mauritius eine riesige hinduistische Tempelanlage rund um einen See angelegt. Die inzwischen imposante Ansammlung an Statuen hinduistischer Gottheiten entstand über die Jahrzehnte durch Spenden von Familien aus anderen Ländern. Der wichtigste Clou aus Sicht des Hindus (für uns eher als „Umweltverschmutzung“ zu bezeichnen): das Seewasser des Ganga Talao stammt teilweise aus dem heiligen (und übelst verdrecktem) Fluss Ganges und wurde eigens importiert. Guten Appetit, liebe Götter 🙂
Dagegen ist das Wasser der „7 Cascades“ richtiggehend klar. In einigen der Becken dieser sieben Wasserfälle, welche sich ebenfalls im tropischen Zentrum der Insel befinden, kann man sogar baden – vorausgesetzt, dass man sich bei ca. 13 Grad hineintraut. Diese Abkühlung muss man sich jedoch zuerst hart erarbeiten. Weil der ca. 45-minütige Abstieg bis oberhalb des fünften Wasserfalls auch nicht ganz ungefährlich ist und das Wort „Wanderweg“ dem Kampf durch Dschungel, Steilhänge und über glitschige Steine nicht annähernd gerecht wird, sollte man nur mit einheimischem Führer unterwegs sein. Einen solchen findet man bei den Parkplätzen an den offiziellen (und bequem erreichbaren) Aussichtspunkten leicht, sofern denn das nötige Trinkgeld vorhanden ist. Einmal beim fünften Fall angekommen (die beiden letzten sind extrem hoch und nur mittels Seilsicherung „bewanderbar“), beginnt ein distanztechnisch viel kürzerer, dafür aber umso steilerer Aufstieg zurück auf den Rand der Schlucht. Muskelkater ist nach dieser Tortur garantiert – sogar wenn man ein Jahr zuvor den Kili bestiegen hat.
Da kam die nächste Attraktion genau richtig: die „Seven Coloured Earth“. Dabei handelt es sich um eine Sehenswürdigkeit geologischen Ursprungs. Das Vulkangestein, aus welchem die gesamte Insel besteht, wurde durch den vielen tropischen Regen freigelegt und anschliessend alle wasserlöslichen Bestandteile ausgewaschen, so dass nur Eisen- und Aluminiumoxide zurückblieben, welche die unterschiedlichsten Rot- und Violetttöne aufweisen.
Nach Angst vor dem Löwen, Grausen vor dem Wasser, Schwitzen am Wasser und geologischem Nachhilfeunterricht war es endlich Zeit für einen kulinarischen Ausflug: die Besichtigung einer Rumbrennerei, inkl. anschliessender Degustation des wichtigsten Exportproduktes von Mauritius. Zur Gewinnung des Zuckerrohrschnapses werden die Stengel bei Reife geschnitten, der Saft herausgepresst, gefiltert gegoren und der so entstehende „Zuckerrohrwein“ (eine schrecklich übel riechende Flüssigkeit) destilliert. Je nach Art der Destillation und anschliessender Verdünnung und Lagerung, ergibt sich daraus ein Likör oder ein hochprozentiger Rum mit unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen.
Apropos Kulinarik: die zweite Woche auf Mauritius verbrachten wir im Süden der Insel in einem Hotel, in welchem etwas ganz anderes die Attraktion darstellte: die acht Restaurants verschiedenster Stilrichtungen. Von asiatischer Fusionsküche, über ein auf Meeresfrüchte spezialisiertes Lokal bis hin zum klassischen Italiener war alles dabei, so dass wir eigentlich bereits nach dem Frühstück wieder sehnlichst das Abendessen erwarteten 😉 Damit die Gewichts- und Umfangzunahme nicht so gross war, dass wir nicht mehr ins Flugzeug passen, musste Bewegung her. Klar, war auch Kitesurfen wieder ein Bestandteil (per Zufall waren sogar die weltbesten Kiter wegen eines Wettkampfes im gleichen Hotel und wir konnten ihnen tagsüber zusehen) und klar, hätte es auch das – auf Mauritius in den meisten Hotels übliche – kostenlose Angebot an diversen Wassersportmöglichkeiten gegeben. Da wir aber etwas Neues probieren wollten, war uns dies nicht genug; und so kam es, dass wir eine Sportart intensiver testeten, von welcher wir früher aus den verschiedensten Gründen immer gesagt haben, dass wir sie nie, nie, nie praktizieren würden: Golf. Und obwohl verschiedene Klischees zutreffen – ja, es ist so snobby und man MUSS ein Oberteil mit Kragen auf dem Platz tragen; ja, es ist ziemlich teuer; ja, die Bewegungskomponente wird langfristig aufgrund von Fahren mit den Golf-Caddys nicht so hoch sein – hat es uns gefordert, Spass gemacht und wir hatten in den ersten Tagen sogar Muskelkater vom Üben der korrekten Schwünge! Wir können uns definitiv vorstellen, es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu versuchen und besser zu werden. Ist auch bitter nötig, haben wir doch den Rasen gehörig „umgegraben“ und bei unserer ersten Runde auf dem „richtigen“ Platz sogar mehrere Bälle auf die angrenzende Strasse geschlagen J
Unser Fazit von Mauritius: die Insel biete sehr viel für fast jeden und wir könnten uns definitiv vorstellen, wieder einmal hierherzukommen.